Das musikalische Geschehen in Billed
Billed-Chronik Seite 248-365
Eine lückenlose Musikgeschichte von Billed, die bis ins 19. Jh. zurückreicht, wird heute wohl niemand mehr schreiben können. Die Wissensträger sind gestorben oder nur mehr zu sehr lückenhaften Informationen in der Lage.
Einer von den wenigen, die noch Informationen aus längst vergangenen Zeiten für dieses Buch liefern konnten, war der leider im Jahre 1979 in Billed verstorbene Kapellmeister Michael Braun. Seinen Aufzeichnungen und Erinnerungen verdanken wir in einem großen Maße diesen Beitrag.
Die Vielfalt der musikalischen Tätigkeiten in Billed war, nur mit ganz geringen Ausnahmen, auf die sozial schwächer gestellten Schichten der Bevölkerung bezogen. Die ärmeren Eltern schickten ihre Kinder in die „Musikschule“, damit sie einen Nebenberuf erlernen und ein zusätzliches Einkommen haben. Die Blasmusik in Billed hatte eine über 100jährige Tradition und war mit dem örtlichen Kulturleben sehr eng verbunden.
Kapellmeister Michael Thöreß
Eine Musikkapelle wird in Billed erstmals im Jahre 1851 erwähnt, die von Kapellmeister Michael Thöreß gegründet wurde. (Er war der Urgroßvater von Michael Braun.) Nach dem Tod von Michael Thöreß, 1892, übernahm Michael Geiß die Leitung dieser Kapelle.
Kapellmeister Blaha
Um das Jahr 1870 gründete der Musikpädagoge für Blasmusik, Kapellmeister Blaha, eine neue Knabenkapelle in Billed. Sein bester Schüler war Georg Enderle, ein sehr begabter Flügelhornist, der später, als Kapellmeister Blaha Billed verlassen hatte, die musikalische Leitung der Kapelle übernahm.
Kapellmeister Nußbaum und Schilzony
Im Jahre 1891 gründeten die beiden Kapellmeister Nußbaum und Schilsony eine Knabenkapelle in Billed, die nach den Ausbildungsjahren Berühmtheit erlangte. Beide Kapellmeister schlossen mit einer amerikanischen Agentur einen Vertrag ab, in dem sie sich verpflichteten, Konzerte in verschiedenen Staaten von Amerika zu veranstalten. Laut diesem Vertrag erhielten die Kinder die Möglichkeit, in Amerika eine Volksschule zu besuchen.
Im Jahre 1893 begann die große Reise für die kleinen 7-10jährigen Musiker. Da die 43 Buben aus Ungarn kamen, wurden sie mit einer richtigen Husarenuniform eingekleidet und mit einem Schleppsäbel dekoriert.
Vor dem Gasthaus Görlich, Nr. 348, versammelten sich die Kinder mit ihren Eltern und Verwandten und nach der Verabschiedung ging es mit dem Lied: „Muß ich denn zum Städtele hinaus ..." zum Bahnhof.
In Amerika wurden diese Kinder in Uniform, überall wo sie auftauchten und Konzerte gaben, begeistert empfangen und gefeiert. Schallplatten wurden bespielt und verkauft, sodass der Dollar reichlich rollte. Es war ein Geschäft, bei dem die Kinder und ihre Eltern mit Sicherheit am wenigsten verdienten.
Bei der Rückreise in die Heimat wurde die Fahrt in London, Paris, Berlin, Wien und Budapest unterbrochen und es wurden Konzerte gegeben. Bei der Ankunft in Billed war die Bevölkerung auf dem Bahnhof versammelt, um „ihre“ Kapelle zu begrüßen und gebührend zu empfangen. Vor allem die Eltern warteten nach einer langen Trennung mit Sehnsucht auf die Heimkehrer.
Vom Bahnhof marschierte dann die ganze Gruppe unter den Klängen eines flotten Marsches, zum Gasthaus Görlich, zum Ausgangspunkt ihrer Reise zurück.
Die so berühmt gewordene Kapelle wirkte unter ihrem Kapellmeister Michael Nußbaum weiter und machte ihrer Heimatgemeinde Billed viel Ehre. Kapellmeister Schilsony wanderte anschließend nach Amerika aus und Nußbaum starb im Jahre 1911 in Billed.
Kapellmeister Lambert Steiner
Bereits im Jahre 1905 gründete der Kapellmeister Lambert Steiner (1837-1914) eine Knabenkapelle in Billed, die ebenfalls große Erfolge zu verzeichnen hatte. Er führte seine Knabenkapelle durch Deutschland und kam bis London, wo sie mit ihren Musikstücken überall durchschlagenden Erfolg hatten.
Wieder in der Heimat angekommen, bewarb sich der Lovriner Baron Friedrich Lipthay um Kapellmeister Steiner, den er dann auch vertraglich verpflichtete, in Lovrin eine Knabenkapelle zu gründen. Im Jahre 1909 verließ Steiner, gemeinsam mit seiner schwedischen Frau, Billed, und ging nach Lovrin. Er ist am 11. August 1914 in Neu-Sanktanna gestorben.
Kapellmeister Mathias Braun
Nach dem Ausscheiden von Kapellmeister Nußbaum erfolgte eine Fusion aller Billeder Musiker. Als erster Kapellmeister wurde Mathias Braun und als zweiter Georg Enderle gewählt. Da die Kapelle nun überkomplett war, wurde sie fallweise in zwei Gruppen geteilt und konnte so gleichzeitig in zwei verschiedenen Tanzlokalen spielen.
Durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges, 1914, wurde dies schlagartig anders. Die jungen Musiker mussten einrücken und Kapellmeister Enderle blieb mit den älteren Kollegen allein zurück.
Nach dem Kriege, 1918, wurde an die Stelle von Josef Enderle als zweiter Kapellmeister Josef Schmidt (Reeb) gewählt. Die eine Hälfte der Kapelle spielte abwechselnd im großen Wirtshaus und die zweite im Gasthaus Nothum.
Hier noch einige Namen von den „Alten Musikanten“: Kplm. Mathias Braun, Josef Schmidt, Michael Braun (Regiments Tambour beim 61. lnf. Reg., einer der besten Trommler seiner Zeit), Mathias Büchler, Johann und Paul Eichert, Michael Haas, Wilhelm Bäumchen, Josef Stumpf, Lambert Steuer, Nikolaus Hartmayer, Lambert Steiner, Johann Noldi, Toni Quinkert, Jakob Hilarius, Jakob Laub, Michael und Jakob Metzger usw.
Kapellmeister Mathias Braun war im Jahre 1977 92 Jahre alt und der letzte lebende Musiker, der an der Reise nach Amerika im Jahre 1893 teilgenommen hatte.
Kapellmeister Gutekunst
Um das Jahr 1929 wurde durch den Kapellmeister Peter Gutekunst die erste Knabenkapelle nach dem Ersten Weltkrieg gegründet. Auch damals meldeten sich wieder nur die Kinder aus den ärmeren Schichten.
Mitte der dreißiger Jahre löste sich diese Kapelle auf und aus ihr gingen die beiden Kapellen Hans Reichel und Josef Schortje hervor. Hans Reiche! spielte mit seiner Kapelle im Gasthaus Duckarm und die Kapelle Schortje in der Neugasse, im Gasthaus Vastag. Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges lösten sich beide Kapellen auf.
Kapellmeister Schilling
Die letzte Musikkapelle vor dem Zweiten Weltkrieg gründete Kapellmeister Jakob Schilling, im Jahre 1938, in Billed. Bei einer Auslandstournee 1944, also mitten im Kriege, kam es in Italien zur Auflösung dieser Kapelle. Ein Teil der Musiker ging nach Deutschland und der Rest kehrte nach Billed zurück.
Feuerwehrmusikkapelle
Die Gründung der Feuerwehrmusikkapelle erfolgte am 10. November 1930. Auf Veranlassung des Feuerwehrkommandanten, Peter Divo, hatte damals Kapellmeister Michael Braun ein Streichorchester auf die Beine gestellt, das hauptsächlich auf Bällen und ähnlichen Veranstaltungen spielte. Im Rahmen dieses neuen Orchesters wurde sehr gute Musik gemacht, die auch beim Billeder Publikum großen Anklang fand.
Kapellmeister Michael Braun komponierte einen flotten Marsch, den er der Billeder Freiwilligen Feuerwehr widmete und der als „Feuerwehrmarsch“ in Billed bekannt wurde.
Kapellmeister Michael Braun
In seiner Musikerlaufbahn bildete Kapellmeister Michael Braun weit über 150 Burschen und Mädchen auf verschiedenen Instrumenten für Blas- und Streichmusik aus. Er war nicht nur ein hervorragender Instrumentalist, sondern zweifellos auch ein guter Ausbildner und Musiklehrer mit umfassenden musischen Eigenschaften. Er trug viel dazu bei, unter den einheimischen Jugendlichen Liebe und Verständnis für die Musik zu wecken.
Er selbst spielte Bassflügelhorn, Saxophon und Geige. Sein wesentlicher Bereich lag jedoch auf dem Gebiet der Ausbildung von jungen Musikern, die als Nachwuchs den einzelnen Kapellen zugeführt wurden.
Seine wohl erfolgreichsten Schüler waren die beiden Musiklehrerinnen Hannelore Ortinau sowie seine Tochter Marliese Braun.
Im Jahre 1951 gründete Kapellmeister Braun eine Knabenkapelle, die ihre Tätigkeit aber bald einstellen musste. Noch im selben Jahr wurde Braun in die Baragansteppe verschickt, sodass das begonnene Werk wieder eingestellt werden musste. Exkapellmeister Josef Schmidt nahm sich dann der Jugendlichen an und setzte aushilfsweise den Unterricht fort.
Erst im Jahre 1956, als Michael Braun aus dem Baragan zurückkam, konnten die Musikschüler ihre Ausbildung abschließen. Kapellmeister Braun kam bereits mit 17 Jahren in eine Militärmusikschule, wo er eine gründliche Ausbildung genoss.
Kapellmeister Hans Reichel und seine Schrammelmusik
Nachdem sich die Kapelle Gutekunst in den dreißiger Jahren aufgelöst hatte, kam es in der Neugasse, unter der Leitung von Kapellmeister Hans Reichel, zur Gründung einer Schrammelmusik-Kapelle.
Die Besetzung dieser Kapelle wich jedoch von der ursprünglichen Originalbesetzung einer Wiener Schrammelmusik (zwei Geigen, Harmonika oder Klarinette und Gitarre) ganz wesentlich ab. Viel Arbeit und viele Proben waren nötig, um mit dieser Gruppe von ca. zehn Mann ein einigermaßen zufriedenstellendes Ergebnis zu erzielen. Die Mühe und Arbeit von Hans Reichel und seiner Gruppe hatte sich gelohnt. Noch im selben Jahr veranstaltete die Kapelle einen Schrammelmusikabend und konnte mit ihrer Musik und Gesang vor die Öffentlichkeit treten. Es war ein durchschlagender Erfolg und die Veranstaltung musste zweimal wiederholt werden.
Nach einigen Jahren löste sich diese Gruppe wieder auf. Heute wirkt Hans Reichel im Symphonieorchester der Stadt Oldenburg, BRD.
Die Musik nach 1945 in Billed
Lange nach Kriegsende, als man sich langsam an die veränderte Lage gewöhnt hatte und die nach Russland verschleppten Menschen wieder frei waren, begannen einige Musiker, der Tradition folgend, mit dem Aufbau einer neuen Blasmusikkapelle. In diesem Bemühen erwarben sich damals Michael Alexius Flesche Mischko) sowie sein Kollege Wilhelm Hirth große Verdienste. Es ist ihnen gelungen, eine Kapelle mit ca. 15 Mann ins Leben zu rufen, die auch heute noch ihr Bestes gibt. Zur Zeit hat Kapellmeister Jakob Groß die Aufgabe, diese Gruppe noch möglichst lange zusammenzuhalten und gut über die Runden zu bringen.
Die moderne Schlagermusik
Ende der fünfziger Jahre wurde der Wunsch zur Bildung einer modernen Schlagerkapelle immer lauter und dringender. So gründete Michael Alexius, gemeinsam mit zehn weiteren Kollegen, eine Kapelle, die moderne Schlagermusik spielte. Nach einigen Jahren löste sich diese Kapelle aber wieder auf, um einer anderen den Platz freizumachen.
Die Kapelle „Schlager 70“
Unter der Leitung von Karl Muttar bildete sich eine zweite Kapelle in Billed, die den Namen „Schlager 70“ führte. Diese Gruppe verstand es, mit ihren Darbietungen und ihrem reichhaltigen Repertoire Jung und Alt, Groß und Klein, zu faszinieren.
Die Kapelle „Die Heide-Schwaben“
Ganz groß ist die Kapelle „Die Heide-Schwaben“, unter der Leitung von Kapellmeister Jakob Rieder, herausgekommen. Diese Kapelle hat, trotz ihres kurzen Bestandes, aber dank ihres Könnens und Fleißes, eine vielbeschäftigte Vergangenheit. Bei jedem Auftreten in der Öffentlichkeit erzielten sie schöne Erfolge. Sie hatten nicht nur in Billed, sondern, wie es ihr Name schon ankündigt, auf der ganzen Heide einen guten Ruf.
Die "Harmoniespieler"
Eine nicht unwesentliche Rolle im kulturellen und gesellschaftlichen Leben in Billed spielten die Ziehharmonikaspieler. Mit ihrem vielseitigen Repertoire waren sie vorzügliche Alleinunterhalter bei Familienfesten, Eckenbällen, Bindelbällen, Sautanz, Hochzeiten, Nohkerweih, Schlittenfahrten und sonstigen Anlässen. Sie waren die Rosinen (Ziwewe) im Kuchen. Einige von ihnen, die mir heute noch in Erinnerung sind, seien hier auch namentlich angeführt, denn sie haben es meisterhaft verstanden, für Stimmung zu sorgen: Alexander Enderle, (590) Peter Lauer (755), Johann Reiche! (690), Andreas Laub (661), Jakob Schummer (607), Jakob Breitenbach sen. u. jun. (110, 738), Nikolaus Frick (205), Nikolaus Seibert (309), Nikolaus Mann (623), Ludwig Dilk (384) und noch viele andere.
Akkordeonspieler
In der Volkstanzgruppe der Jugend spielten mit ihren Akkordeons: Karl Schneider (108), Hans Jobba (331) und Jakob Thöreß (312) und fallweise auch Hans Reichel (690). Durch ihre Mitarbeit war es erst möglich, die Volkstänze einzulernen und in der Öffentlichkeit aufzuführen.
Die Zigeunermusik
Nicht unerwähnt sollen die Zigeunerkapellen bleiben, die nach dem Ersten Weltkrieg von Zeit zu Zeit im Gasthaus Kunst auftraten. Sie waren ein Überbleibsel aus der ungarischen Ära und kamen aus anderen Ortschaften nach Billed. In Billed selbst gab es keine eigene Zigeunerkapelle. Die Kapelle „Brüder Martin“ kam aus Perjamosch nach Billed.
Kirchenmusik
Bereits vor dem Ersten Weltkrieg gab es in Billed einen Kirchenchor, der im Volksmund als „Die Singmädcher“ bezeichnet wurde. Auf dem Gebiet der Kirchenmusik leisteten diese Mädchen und Frauen Hervorragendes.
Zwischen den beiden Weltkriegen leiteten Kantorlehrer Johann Henz und später Kantorlehrer Johann Hager diesen Kirchenchor. An hohen kirchlichen Festtagen wie Pfingsten und Ostern wurden auch schwierige Messen von Bach und Händel und anderen Komponisten in mehrstimmiger Bearbeitung gemeinsam mit dem Gesangsverein und gegebenenfalls mit Instrumentalsolisten aufgeführt. Diese schönen Leistungen konnten nur durch eine beispielhafte Einsatzfreude aller Mitwirkenden zustandegebracht werden.
Kapellmeister, Komponist und Texter Johann Mathis
Unser Landsmann Johann Mathis wurde im Jahre 1938 in Billed geboren und hat seine Heimat im Jahre 1944, als 6jähriges Flüchtlingskind, verlassen. Gemeinsam mit vielen anderen Billeder Flüchtlingen ist er mit seiner Mutter in Ried im Innkreis, Oberösterreich, gelandet.
Wenn wir die Banater-Deutsche Musikgeschichte durchblättern, so können wir feststellen, dass die „Dynastie“ der Mathes und Mathis hier ganz entscheidend mitgewirkt hat. Auch der im Jahre 1893 in Weißkirchen, im Banat geborene Carl Mathes, der spätere Klavierkünstler und Komponist, gehörte zu dieser Gruppe. Er hatte bereits im Jahre 1919 ein Lehramt mit Professur an der Städtischen Musikschule in Temeswar und im Jahre 1922 war er Hofpianist des Königs von Rumänien. Carl Mathes war ein bekannter und gefeierter Konzertpianist, er komponierte viele Lieder zu Texten von Nikolaus Lenau und anderen Dichtern.
Angesichts dieser Tatsache können wir wirklich stolz auf unseren Landsmann Johann Mathis sein. Auf die abgeänderte Schreibweise des Familiennamens, von Mathis auf Mathes, wollen wir hier nicht eingehen.
Schauen wir uns einmal den Werdegang von Kapellmeister Johann Mathis näher an: Johann Mathis hat in Ried seine eigene Musikkapelle, er komponiert, textet und arrangiert viele seiner Musikstücke selbst. Mit dem Schlagerlied „Abschied von der Mutter“ hatte er einen Welterfolg.
Seine musikalische Ausbildung genoss er bei einem Donauschwaben, Mathias Klingler: zwei Jahre Akkordeon und ein Jahr Klavierunterricht waren die musikalischen Grundlagen.
Schon 1953 gründete er seine erste Mathiskapelle, aus der die Tanzkapelle Melodia hervorging. In dieser Periode entstanden viele Lieder, die zu Schlagern wurden und fast ausschließlich der Idee Johann Mathis entstammten.
Nebenbei entstanden auch Texte von Mathis für die Musik von: Werner Brüggemann, Robert Rohr, Sepp Werner u. a.
Auch mit der Original-Donauschwabenkapelle unter Kornel Mayer arbeitete Mathis eng zusammen.
Lambert Steiner, ein gebürtiger Billeder im Guinness-Buch der Rekorde
Lambert Steiner wurde am 09.03.1837 als drittes Kind von elf Geschwistern in Billed im Haus mit derzeitiger Nr. 266 geboren. Seine Eltern waren Karl Steiner *27.10.1812 +23.07.1882 und Susanna Pentz *19.03.1809 +02.10.1857, beide geboren und verstorben in Billed.
Nur 4 Geschwister erreichten das Heiratsalter. Der Vater war Schuster und Messner. Auch Lambert erlernte bei seinem Vater das Schusterhandwerk.
War man bislang der Meinung, Lambert Steiner hätte seine Musikausbildung beim Militär erhalten, so überraschte uns 1999 der Musikhistoriker Robert Rohr (*1922 +2008) mit einem Schreiben von Lambert Steiners Sohn, Birger Steiner, aus Schweden und weiteren schriftlichen Mitteilungen sowie auch von Bert Steiner, Birgers Sohn, mit weiteren aufgefundenen Dokumenten. Aus diesen lässt sich das Bild von Lambert Steiner etwas korrigieren und vor allem auch ergänzen.
Lambert Steiner schrieb am 30. Januar 1858, einige Tage nach der Geburt seines zweiten Sohnes Michael, an die „KK. Militär Comißion“ einen Brief, worin er um Befreiung von der Militärpflicht bat, da er die Witwe Anna Donavel, geb. Zimmer, 1855 mit zwei kleinen Kindern geheiratet hat und mit ihr noch zwei eigene Kinder habe, zu deren Ernährung und zur Erhaltung der Wirtschaft er berufen sei. Auch erteile er in der Gemeinde seit einigen Jahren den hiesigen kleinen Kindern Musiklehre. Die Gemeinde Billed hat dieses Begehren mit einem Zeugnis unterstützt.
Aus einem behördlichen Vermerk ist Steiners Befreiung von der Militärpflicht ersichtlich. Daraus ist auch ersichtlich, dass seine Musiktätigkeit nicht erst mit dem Jahre 1858 begann, wie man zuerst angenommen hatte.
Wie Steiner zu seiner musikalischen Tätigkeit gekommen ist, geht aus der Überlieferung seines Schülers Josef Schmidt (Reb) *21.11.1894 +11.12.1969, Nr. 64 hervor, der nach Jahren als zweiter Kapellmeister der „Alten Musikanten“ Steiners letzte Billeder Kapelle übernommen hatte. Oft erzählte Schmidt seinen Kollegen, dass Steiner manchmal sagte: „Wenn ich Pfarrer geworden wäre, wäret ihr keine Musikanten geworden“.
Da zwei ältere Geschwister starben, war er das älteste Kind in der Familie und ging deshalb mit seinem Vater zum Messdienen in die Kirche, wo seit 1845 und bis zu seinem Tode 1890 Paul Novak als Pfarrer tätig war. Dieser erkannte, dass Lambert Steiner sehr musikalisch und strebsam war, in der Schule gut lernte und deshalb wollte er, dass der junge Steiner Pfarrer werde. Weil aber nur noch Sohn Michael, geb.12. 08. 1838 und er lebten, da bis 1846 noch drei Kinder verstorben waren, ließ der Vater nicht zu, dass Lambert Pfarrer wurde.
Seine Mutter starb mit 48 Jahren und sein Vater heiratete zum zweiten Mal 1858 die Witwe Maria Schneider, die 39 Jahre alt war, und mit ihr hatte er noch drei Kinder, von welchen das erste Kind verstarb. Jedenfalls ist es damit erwiesen, dass Steiners musikalische Kenntnisse von Pfarrer Paul Novak stammten.
Lambert Steiner heiratete 19-jährig, wie schon anfangs erwähnt, am 13.11.1855 die Witwe Anna Donavel, geb. Zimmer (Szimert), mit zwei Kindern. Sie wurde am 15. 09.1832 in Billed geboren und verstarb am 11.11.1894 in St. Anna.
Die zwei Söhne Nikolaus, *13.07.1856 und Michael *24.01.1858, wurden noch in Billed geboren. Die Familie übersiedelte 1858 nach Warjasch, wo Steiner schon 1857 seine erste Musikkapelle gründete, mit der er viele Erfolge erzielte.
In Warjasch lebte die Familie Steiner bis 1873, um danach nach St. Anna zu übersiedeln. In Warjasch wurden acht Kinder geboren:
- Johann *27.11.1859 +14.02.1873 Warjasch
- Josef *18.03.1861 +23.04.1864 Warjasch
- Katharina *12.03.1863 +18.02.1932 Sanktanna
- Jakob *12.06.1864 +19.09.1864 Warjasch
- Maria *14.07.1866 +13.02.1867 Warjasch
- Georg *22.02.1868 +1906 Rotterdam
- Franz *05.05.1870 +09.06.1886 Sanktanna
- Anna *16.10.1871 +22.06.1873 Sanktanna
Der Kantorlehrer Franz Steuer und der Schuldirektor Johann Steuer boten dem Kapellmeister Lambert Steiner sehr gute Bedingungen, um in Sanktanna eine Knabenkapelle zu gründen und auszubilden. Dieses Angebot konnte er nicht ablehnen und so entstand in Sanktanna, wohin er samt Familie übersiedelte, eine Kapellmeisterdynastie mit segensreicher Breitenwirkung.
Der arbeitsreiche und schöpferische Lebensweg führte den Billeder Lambert Steiner in viele Länder und auf mehrere Kontinente. Als erster Kapellmeister der Welt konzertierte er mit seinen Knabenkapellen auf drei Kontinenten, was ihm einen Eintrag in das Guinness-Buch der Rekorde einbrachte. Die Original-Urkunde kann bei Anton Bleiziffer in Freiburg eingesehen werden.
In Sanktanna wurden der Familie Steiner noch zwei Kinder geboren:
- Anna *31.08.1873 +16.11.1907 Sanktanna
- Magdalena *24.06.1875 +25.01.1877 Sankta.
Von einer Tournee in die skandinavischen Länder, nach Oslo, Helsinki, Kopenhagen und (zum wiederholten Male) nach Stockholm, brachte er sich eine hübsche, um 33 Jahre jüngere, blonde, hochgewachsene Schwedin als Lebensgefährtin mit. Sie hieß Johanna Wilhelmina Abrahamsohn, war Flötenvirtuosin, spielte in seinen Kapellen mit und half auch auf Tournee beim Schulunterricht und bei der Ausbildung der Musikschüler. Sie heirateten erst am 29.01.1895, nach dem Tode von Steiners erster Frau.
Dieser Ehe entstammt der Sohn Birger Steiner, der am 13. 12. 1892 in Aringsas, einem Stadtteil von Stockholm (Schweden), geboren wurde, und bereits mit zehn Jahren vertrat er seinen Vater beim Dirigieren und spielte im Orchester B-Klarinette. Später wurde er Besitzer des größten Instrumenten- und Musikaliengeschäftes in Stockholm. Er durfte den Titel „Kgl. Hoflieferant“ und „Hofmusikalienhändler“ führen und starb am 14.12.1976 in Stockholm.
Unter Lambert Steiners erfahrener Leitung wurde die 1870 in Sanktanna gegründete Knabenkapelle bereits 1873 mit Gastspielreisen durch Deutschland, Schweden, (1876) Russland und US-Amerika bekannt.
Im Jahre 1877 wurde ihr Konzert in Bad-Ems von Kaiser Wilhelm I. mit Familie besucht und 1899 gab es überraschend ein Morgenständchen für Kaiser Franz Josef I. in Wien. Zu diesen Auftritten gibt es eindrucksvolle Dankesschreiben der beiden Kaiserhäuser. Aus dieser Zeit verblieben seinen Nachkommen zwei wertvolle Erinnerungsstücke: ein silberner Taktstock mit der Inschrift „Erinnerung an Riga 15.06.1876“ und ein großer Silberpokal mit der Inschrift „In dankbarer Erinnerung an die Konzerte dieses Sommers, Stockholm, den 17.09.1884.“ Auch ein Dankesschreiben vom 08. August 1896 vom russischen Roten Kreuz ist noch erhalten.
Im Jahre 1901 übersiedelte Steiner nach Neu-Arad und gründete auch hier eine Jugendkapelle und lehrte Kornett in der Arader Musikschule. Mit seiner Kapelle konzertierte er oft in Budapest, aber auch in München, Hannover, Berlin, Hamburg sowie in Algerien und Marokko.
1903 wurde aber zum Höhepunkt seiner Musikerlaufbahn. Mit einer 54 Mann starken Jugendkapelle aus Sanktanna begann er eine Tournee durch Südafrika. Von Arad über Berlin und Hamburg nach Southampton (England) führte die 30-tägige Schiffsreise mit dem englischen Schiff „Galeka“ zuerst nach Kapstadt und von dort aus weiter in alle größeren Städte Südafrikas.
Bei dieser Reise war seine junge Frau und Sohn Birger mit und ein ausgedienter Musikfeldwebel, der auf die Ordnung bei den Musikanten zu achten hatte.
Auch vom Budapester Nationaltheater war eine Tänzerin dabei, die zur Abwechslung, mit großem Erfolg, Csardas-Tänze vorführte.
Ein Angebot, von Südafrika aus weiter nach Australien zu reisen, musste abgelehnt werden, da die Eltern die Rückkehr ihrer Kinder verlangten. Lambert Steiner wurde auch auf dieser Reise viel geehrt und vom englischen Gouverneur von Süd-Afrika in dessen Loge eingeladen, wo er ihm seine Bewunderung über die Leistungen der jungen Musikanten ausdrückte.
1905 übersiedelte Lambert Steiner zurück in seine Geburtsgemeinde Billed, wo er wieder eine Knabenkapelle gründete. Laut einem Brief an seinen Schwiegersohn Karl Zimmermann nach Sanktanna, vom 24.05.1907, hatte er mit dem Billeder Orchester sein erstes Konzert am 5. Mai und das zweite zu Pfingsten. Beide waren erfolgreich. Mit dieser Kapelle, 40 Jungs im Alter von 8-14 Jahren, konzertierte er 1908 in London und 1909 in der Wilhelmshalle in Hamburg und in vielen Städten des Ruhrgebietes.
1910 folgte er dem Rufe von Baron Friedrich Lipthay nach Lowrin, wo er seine letzte Kapelle aufstellte. Inzwischen war er ja schon 73 Jahre alt und konnte keine größeren Konzertreisen mehr unternehmen. Sein letztes Konzert war am 28. Juli 1914, am Tage des Kriegsausbruches, in Hatzfeld. Lambert Steiner starb am 11. August 1914 in seiner Wahlheimat Sanktanna im Alter von 77 Jahren.
Seine Frau und sein Sohn Birger lebten zuletzt in Lowrin, wo sie das Werk des berühmten Musikers weiterführten. Im Besitz der schwedischen Staatsangehörigkeit zogen beide 1916 zurück nach Stockholm.
Die Dynastie Steiner
Noch zu Lambert Steiners Lebzeiten traten dessen Söhne in seine musikalischen Fußstapfen. Wie schon oben erwähnt, brachte Steiners erste Frau, die Witwe Anna Donnawell, zwei Kinder mit in die Ehe: Philipp Donnawell, geb. 19.07.1850 und Joannes Donnawell, geb. 09.10.1851, gestorben 11.02.1857 in Billed.
Philipp Donnawell wurde schon in Billed und Warjasch von seinem Stiefvater zum Musiker ausgebildet. Nach der Übersiedlung nach Sanktanna heiratete er Barbara Marksteiner und ließ sich in Pankota nieder, wo er eine Kapelle gründete. Dessen Sohn, Michael Donnawell, führte das Werk seines Vaters fort.
Steiners erster Sohn Nikolaus, geb. 13.07.1856 in Billed, heiratete Margarete Daminger und war bis zu seinem Tode 18.08.1926 in Sanktanna Organist und Kantor und Aufbewahrer der Instrumente. Sein zweiter Sohn Michael, geb. am 24.01.1858 in Billed, heiratete in Sanktanna Barbara Rotmüller und bildete ab 1883 in Warjasch eine dritte Musikformation aus. Seine Konzertreisen unternahm er aber mit der zweiten Warjascher Kapelle, sowohl nach Berlin, Budapest, aber auch nach Bukarest, wo er mit großem Erfolg auftrat. 1897 übergab Michael in Warjasch eine vierte Schülergruppe an Franz Reb. Er war auch Leiter des Warjascher Männergesangvereins 1904 und Musiklehrer an der Bürgerschule in Großsanktnikolaus. 1910 zog er zurück nach Sanktanna, wo er eine neue Knabenkapelle gründete. Er starb während des ersten Weltkrieges.
Georg Steiner, in Warjasch geb. am 22.02.1868, heiratete die Sanktannaerin Ida Rosalia Eich, ging nach Ketfel und gründete dort eine Knabenkapelle. Zurück nach Sanktanna, ging er mit der dortigen Kapelle auf Gastspielreisen nach Petersburg, Riga, Warschau, Dortmund, Düsseldorf, Essen, Hannover, Bremen, Amsterdam. Er starb 1906 in Rotterdam in seinem 38. Lebensjahr an einer Lungenentzündung und wurde dort auch beigesetzt.
Die Steiner-Dynastie brachte noch weitere Musiker hervor: Ein Enkel Lambert Steiners, Daniel Zimmermann, ließ sich als Schlagzeuger in Marienfeld nieder. Ein Urenkel, Walter Metzger, war Professor für Klavier am Konservatorium in Klausenburg.
Lambert Steiner und seine Söhne haben Banater Musikgeschichte geschrieben. Viele ihrer Schüler sind Berufsmusiker geworden und haben es nicht nur in Zirkuskapellen, sondern in Musiktheatern verschiedener Länder und Städte, sogar bis nach Hollywood, geschafft. Es ist sehr schade, dass Lambert Steiners Tonträger und teils selbst komponierte oder für seiner Kapellen bearbeitete handschriftliche Noten verschollen sind.
Anton Bleiziffer und Ferdinand Totterer recherchierten schon in den 70er Jahren über das Leben und Schaffen der Steiner-Dynastie und veröffentlichten 1972 in der Zeitung „Neuer Weg“ in vier Folgen die erste zusammenfassende Darstellung über deren Leben und Schaffen. Anton Bleiziffer war auch der Initiator für die Anbringung einer Marmortafel 2003 am Sanktannaer Kulturheim mit den Worten „Ehre, wem Ehre gebührt“. Seitdem trägt das Sanktannaer Kulturheim den Namen „Lambert Steiner“.
Lambert Steiner sind auch 6 von 403 Seiten in dem 2011 in Rumänien erschienenen Buch von Dan Roman gewidmet unter: „Lambert Steiner - capelmaistrul din Cartea Recordurilor“.
Literatur
Franz Klein - Billed Chronik einer Heidegemeinde im Banat 1765-1980
Wilhelm Weber - Billeder Heimatblatt 1993
Robert Rohr - Unser klingendes Erbe
Anton Bleiziffer - Wie’s daheim war, Begleitheft zum Tonträger 1999
Anton Bleiziffer - Heimatbrief Sanktanna 2004
Anton Bleiziffer - Banater Kalender 2012
Alf Kührt - Familienbuch Sanktanna und Steiner Blasmusik
Dietmar Giel - Familienbuch Warjasch
Nick Tulius & Alex Leeb, Internet - Banat Biographies - Lambert Steiner
Dan Roman - Oameni de seama ai Aradului, 2011
Neue Berichte über den Auftritt der Schilzonyi Kapelle in den USA
Der unermüdliche Forscher Donauschwäbischer Blasmusi, Robert Rohr, hat im Internet neue Berichte über den Auftritt des Billeder Kapellmeisters Nikolaus Schilzonyi gefunden. Auf einem Plakat über die Eröffnung der Saison 1907, am 30 Mai im „Eichenpark“ (The Oaks), dem Unterhaltungspark West von Chicago, wird als Starauftritt Schilzonyis „Hungarian Hussars“ Kapelle genannt. In einem Bericht darüber ist Folgendes zu lesen: „Niklas Schilzonyis Österreichische Militärkapelle, 1907.
Die vierzig „Imperial Hungarians Hussars“ (Kaiserlich Ungarische Husaren), wie sie sich selbst nannten, zogen bereits Mengen an die Tore bevor der Park überhaupt eröffnet war, die Leute wollten der Band bereits beim Proben zuhören“. In einem anderen Zeitungsartikel war Folgendes über Schilzonyis Kapelle zu lesen: “Die Ungarn scheinen tief von dieser musikalischen Inspiration zu sein, was ihnen scheinbar angeboren ist. Die Ungarn stehen in Bezug auf Orchester- und Musikkapellenarbeit hoch über anderen Nationen“. Bei solcher Einschätzung der Ungarn ist es kein Wunder, dass die Schwabenkapellen sich als Ungarn ausgaben und Husarenuniformen trugen.
Während die Biographie Schilzonyis einige Fragen aufwirft, ist uns die von Michael Nussbaum bekannt. Er wurde am 30. 01.1866 in Billed geboren. Hat dort am 07.02.1888 die Billederin Elisabeth Gängler geheiratet. Sie hatten drei Kinder. Nussbaum hatte schon 1889 in Billed eine Knabenkapelle gegründet, mit der er auf Tournee in den Staaten war und Kontakte zu Konzertagenturen aufgenommen hatte. Kapellmeister Nussbaum war dann 1893-1996 mit einer 40 Bläser starken Knabenkapelle nochmals drei Jahre auf Tournee in den USA. Wann Nussbaum seine dritte und letzte Tournee in den Staaten begann, ist ungewiss, sicher war er 1910, wahrscheinlich schon 1909, in den Staaten.
Auf der Heimreise 1911 hat er sich während eines Konzertes auf dem Schiff bei kaltem feuchtem Wetter eine Lungenentzündung geholt, die, wie in der Familie Thöres-Vastag überliefert wurde, nach einigen Wochen zu seinem Tode führte. Er ist am 13.08.1911 in Billed gestorben
Es scheint sicher zu sein, dass Nikolaus Schilzonyi 1893 in den Staaten war. Vieles spricht dafür, dass er mit Michael Nussbaum, wohl als dessen Partner oder Juniorpartner konzertierte.
Belegt ist auch, dass Nikolaus Schilzonyi 1905 mit einer Knabenkapelle aus Freidorf in den Staaten war. Wie einige Quellen angeben, war Schilzonyi auch 1897 in den Staaten, sicher aber war Schilzonyi als Kapellmeister der Hungarian Boys Military Band 1899-1901 auf großer Amerikatournee.
Wie aus dem Tagebuch von Mathias Hirsch hervorgeht, war die Abfahrt von Bremen am 3. Juni 1899, wobei die Kapelle schon eine Woche in Bremen und vorher in anderen Städten konzertiert hatte. Die Kapelle blieb bis März 1901 in den Staaten. In diesen drei Jahren ging die Tournee kreuz und quer durch die Vereinigten Staaten und durch Kanada. Die Hungarian Boys konzertierten dabei unter anderen, im Empire Theater in Cleveland, in den Operhäusern in New York und Claverville, in der Grand Oper von Syracuse oder auf der Heimreise im Opernhaus in Amsterdam.
Von dieser Tournee steht eine 1900 handgeschriebene Teilnehmerliste im Internet worauf folgende Namen zu lesen sind: Schilzony Nicholas 35, Schilzony Anna 32, Bojar Johann 11, Uitz Lambert 13, Federspiel Johann 14, Schuz(g) Peter 14, Schneider Johann 12, Donawell Johann 11, Stahl Peter 13, Schwarz Peter 15, Rintyo? Peter 15, Thierjung Mathias 16, Majer Sebastian 15, Steier Nikolaus 10, Tittel Nicholas 14, Lind Peter 16, Rieder Mathias 11, Braun Mathias 12, Olinger Sebastian 12, Rotschink Nicholas 13, Schulz Johann 12, Haas Michael 11, Till Johann 12, Christ Nikolaus 11.
Mehrere dieser Musiker haben später bei den „Alten Musikanten“ in Billed mitgewirkt.
https://www.dvhh.org/banat_biographies/schilzonyi-nicholas.htm
Nikolaus Schilzonyi (Schilzong) war dann nochmals 1909 auf einer Amerika Tournee und 1915 erscheint sein Name und ein Foto mit seiner Kapelle in der amerikanischen Presse. Er wurde am 25.01.1872 in Billed geboren, wo er auch am 11.02.1899 Antonia Bader aus Anina geheiratet hat. Sie hatten zusammen einen Sohn namens Johann geb. 12.01.1915, der noch im gleichen Jahr gestorben ist. Robert Rohr hat auch den Beleg für eine Tournee Schilzonyis nach Norwegen gefunden. Antonia Bader verh.
Schilzonyi hat am 15.11.1916 in Billed nochmals einen Johann Schmidt „nur civil“ geheiratet. Ob sich die Eheleute getrennt hatten oder Nikolaus Schilzonyi damals schon gestorben war, konnte nicht eruiert werden. Es spricht jedoch vieles dafür, dass er kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges, im Sommer 1914, nach Amerika ging und dort 1915 eine Kapelle geleitet hat. Danach verliert sich seine Spur, die Zeit der Kaiserlichen Ungarischen Husaren war mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges vorbei.
An den dritten und erfolgreichsten der großen Kappelmeister Billeds, Lambert Steiner, sei in diesem Jubiläumsjahr der Billeder Blasmusik nur noch kurz erinnert. Auch Steiner wurde in Billed geboren (09.03.1837) und ist dort aufgewachsen. Er konzertierte noch vor den Amerikareisen, ab 1872 mit seinen Knabenkapellen in vielen Städten Ungarns, in Deutschland und Holland, in London, in Südafrika, in Kappstadt, in St. Petersburg, Stockholm, in den USA und auch in Marokko, wie kürzlich festgestellt wurde. Von ihm ist belegt, dass in bad Ems vor Kaiser Wilhelm I. konzertiert hat und 1877 Kaiser Franz Josef in Wien ein Geburtstagsständchen gespielt. Seine Konzertreisen gingen rund um den Erdball, wobei er nicht in Hinterhöfen, sondern in Konzert- und Opernhäusern ersten Ranges mit seinen Kapellen gespielt hat.
Wir können heute nur staunen, wie diese Billeder Dorfkinder es zu solchen Leistungen gebracht haben. Welch große Organisationsleistung haben sie bewiesen, auch wenn Agenturen dahinter standen. Aber woher hatten diese Dorfmusiker, Steiners Vater war Schuster und Messner in Billed, Schilzonyi und Nussbaum waren Kinder von Kleinhäusler, ihre musikalische Ausbildung? Wie konnten sie mit Kindern und Jünglingen solche Leistungen vollbringen? Wir wissen, dass sie, besonders Steiner, nicht nur Walzer und Polkas gespielt haben, sondern auch echte konzertante Musik, Operetten und auch klassische Musik.
Stellen wir uns mal diese Billeder Buben, es waren überwiegend „Neugässer“, auf der Bühne der Oper in London oder in New York vor! Wir können uns heute nur wundern über diese Leistungen und die, die sie vollbracht haben, bewundern. Und stolz darauf dürfen wir auch sein.
Der Tubist Mathias Hirsch aus meiner Verwandtschaft aus der Schilzonyi Kapelle von 1899, der das Tagebuch geschrieben hat, ist als 16-Jähriger 1901 in Amerika geblieben und hat als Berufsmusiker in einer Theaterkapelle gespielt, ich glaube auch in einem philharmonischen Orchester?
Ob er drüben noch eine weitere Ausbildung gemacht hat, weiß ich nicht.
Der Lebensweg von Kapellmeister Nikolaus Schilzony bleibt verschleiert
Die Welt des Internet machte es möglich, dass wir weitere neue Daten aus dem bewegten Leben von Nikolaus Schilzony erfahren. Kapellmeister Schilzonys Urenkelin, Viky Shilzony, durchforschte digitalisierte Zeitungsarchive nach Spuren ihres Urgroßvaters und wurde mehrfach fündig. Viky ist im regen Briefwechsel mit Anna Mann geb. Vastag, der Urenkelin von Kapellmeister Michael Nußbaum, die uns neuere Daten über das schillernde Leben des begnadeten Musikers und Kapellmeisters überließ. Daraus ergeben sich Ergänzungen zum Lebensbild des Musikers, einiges bleibt jedoch widersprüchlich und ab 1927 verschwindet seine Spur im Dunkeln.
Nikolaus Schilzony (es gibt 20 Schreibweisen dieses Namens) wurde am 25.01.1872 in Billed als illegitimer Sohn der Catharina Schilzong geboren, die laut Billeder Heimatbuch Wirtin auf dem Bahnhofsgasthaus war (wahrscheinlich jedoch erst nach 1890).
Wo und von wem der kleine Schilzony musikalisch ausgebildet wurde, ist nicht bekannt. Wir wissen, dass Kapellmeister Lambert Steiner (1837-1914) um diese Zeit in Billed junge Musiker ausgebildet hat. Möglich ist auch, dass er von Kapellmeister Michael Nußbaum (1866-1911) seine anfängliche Ausbildung erhielt oder von einem anderen uns unbekannten Musiker ausgebildet wurde, wahrscheinlich hat er jedoch eine Militärmusikschule besucht.
Auf jeden Fall muss Schilzony sehr begabt gewesen sein. Über ihn schreibt die San Francisco Call am 17. Oktober 1897, dass er schon im Alter von 10 Jahren in Billed eine Kapelle dirigierte, mit 13 Jahren eine Militärkapelle leitete, wo, ist nicht bekannt, allerdings soll Kaiser Franz Josef diese Schule besucht, dabei den Jungen gelobt haben.
Nochmals fünf Jahre später wurde er angeblich zum Leutnant befördert und fungierte als eine Art Generalmusikdirektor. Auch wenn das Blatt hier möglicherweise übertreibt, war Nikolaus Schilzony sicher außerordentlich begabt.
Ob Nikolaus Schilzony mit der Knabenkapelle Michael Nußbaums 1889 in Amerika war, ist nicht sicher belegt, es gibt allerdings ein Foto der Kapelle, auf dem er zu sehen sein soll. Michael Nußbaum war dann 1893-1896 ein zweites Mal mit einer Kapelle auf Tournee in den USA, an der auch Nikolaus Schilzony teilnahm.
Die schon erwähnte San Francisco Call berichtet am 22. August 1897 von einem bemerkenswerten Auftritt der Kaiser-Franz-Josef-Magyar-Husaren-Knaben-Kapelle, die unter der Leitung von Direktor Niklas Schilzonyi zwei Jahre unterwegs sei, im Orpheum Theater aufgespielt habe. Als Lehrer der Kapelle wird Michael Nußbaum genannt. Über den Auftritt der Kapelle berichtet auch die New York Times am 18. September 1898, wobei der Trommelvirtuose Michael Braun, als Jüngster der Kapelle, sehr gelobt wird. Überschwänglich wird vom Auftritt der Kapelle im Stadtpark der Musikstadt Wien vor angeblich 30.000 Zuschauern berichtet. Das Abschiedskonzert soll ein Gala-Fest gewesen sein, mit noch mehr Besuchern.
Auch in Bremen gab es ein Festkonzert unter der Schirmherrschaft des Regierenden Bürgermeisters. Die Knaben sollen als Passagiere der ersten Klasse gereist sein.
Das Blatt berichtet weiter über ihre üppige Verköstigung und vornehme Unterbringung in San Francisco. Auch ihr streng geregelter Tagesablauf, zwischen Schul- und Musikunterricht, Übung und Konzert, wird uns vermittelt.
Zum Vortrag bringen sie neben der normalen militärischen Blasmusik beliebte Unterhaltungsmelodien, auch Teile italienischer Opern, ebenso ungarische Volksmusik.
Wir erfahren aber auch, dass die Buben in ihrer Freizeit viele Briefe schrieben, denn, trotz aller gebotenen Genüsse, war auch das Heimweh immer dabei.
Vor der nächsten Amerikareise heiratete Nikolas Schilzony Antonia-Anna Bader aus Anina, die dann die Kapelle auf ihrer nächsten großen Tournee begleitete. Aufbruch war am 19. Mai 1899 und Rückkehr nach Billed am 9. März 1901, wo die - laut Schiffsliste aus 24 jungen Billedern bestehende Kapelle - mit klingendem Spiel vom Bahnhof zum großen Wirtshaus zog.
Auch diesmal reiste die Kapelle kreuz und quer durch Amerika und konzertierte sehr erfolgreich auf großen Bühnen in den Opernhäusern, verzauberte laut Zeitungsberichten die Zuschauer in den großen Städten. Auch über diese Reise gibt es Unklarheiten. Am 26. Juni 1901 wird in der Bronx New York ein Haus auf den Namen von Antonia Anna Schilzonyi eingetragen. Am 16.01.1901 wird ihr Sohn Johann in Bronx New York geboren und am 10. März 1902 ebendort ihre Tochter Elisabeth.
Von Johann ist bekannt, dass er mit seiner Mutter 1903 nach Billed kam. Nikolaus Schilzony scheint die Jahre 1901 bis 1904 im Banat verbracht zu haben, 1904 trieb es ihn jedoch wieder in die USA. Diesmal brach er mit einer aus 40 Freidorfer Jungen bestehenden Kapelle auf. Über Bremen, London und Liverpool erreichten sie mit dem Schiff Umbria am 30. April 1904 New York. Laut Passagierliste war diesmal auch Michael Nußbaum dabei. Wieder führt ihre Tournee durch die großen Städte Amerikas.
Wie lange sie diesmal in Amerika blieben, ist nicht bekannt, allerdings spielte eine österreichische Military- Band unter Niklas Schilzonyi im Mai 1907 in Portland OR. Nach Unterlagen von Robert Rohr spielte diese oder eine andere Kapelle unter seiner Leitung 1909 in Chicago.
1910 bis 1911 war auch Michael Nußbaum ein letztes Mal in den Staaten, ob er mit Schilzony musiziert hat, ist nicht bekannt. Nußbaum ist nach seiner Rückkehr im August 1911 gestorben. Schilzony, der wahrscheinlich ohne Kapelle geblieben war, ist 1912 mit dem Titel Professor in Varietés aufgetreten. Ein Jahr später, im Dezember 1913, emigriert er aus Budapest in die USA. Interessanterweise gebärt seine Frau Antonia laut Billeder Familienbuch am 12.01.1915 einen Sohn, als dessen Vater Nikolaus Schilzony eingetragen ist. Ob er 1914 in Billed war?
Indes ändert Nikolaus Schilzony seinen Lebensweg. Am 11. Januar 1916 heiratet er die in Lettland geborene Seilartistin Gertrud Tatiana Koehler, er erklärt dabei, er sei ledig und wohne seit 1910 in den USA. Schilzony bemüht sich, die amerikanische Staatsbürgerschaft zu erhalten, dies gelingt erst nach vier Jahren, dabei lässt er auch seinen Namen auf Niklas Shilzony ändern. 1917 wird beider Sohn Frederic geboren.
Wohl aus dieser Zeit stammt ein Foto, das ihn in Husarenuniform mit Degen darstellt, ein Foto, auf dessen Rückseite Baron Shilzony steht. Seine zweite Frau Gertrud Shilzony ist 1974 in Mill Valley gestorben.
Antonia Bader heiratet 1916 „nur civil“ in Billed Johann Schmidt, sie betrieb das Bahnhofsgasthaus und starb 1933 in Billed.
Nikolaus Schilzony ist 1927 einfach aus seiner Familie verschwunden. Er soll nachher noch bei einer Zirkusband gespielt haben und wurde zuletzt mit einer Band bei der Weltausstellung 1939 in New York gesehen, danach verschwand seine Spur vollends.
Er war ein geheimnisvoller Mann, schreibt seine Urenkelin. Dazu war er ein begnadeter Musiker, ein herausragender Kapellmeister, Musiklehrer und Regisseur, sogar Erfinder war er: 1918 hat er eine Rohrpfeife patentieren lassen. Er war eben auch ein Lebemensch, ein Musikant.
Aufzeichnung aus dem Repertoire der Heideschwaben - Audio
Akkordeon: Jakob Rieder; Gesang: Elisabeth Rieder, Jakob Rieder und Norbert Pinczes; Aufnahme: Hans Rieder (1988)CD Kirchenchor - Audio
Zugegeben, es war mühsam, aber die Freude über die gelungene Aufnahme entschädigt die Mitwirkenden für ihre Anstrengung. Nach mehreren Probeabenden mit den Chormitgliedern aus Karlsruhe und Umgebung hat der gesamte Chor dann drei Tage geprobt.
Am Pfingstmontag 1999 konnten in der Sankt-Judas-Thaddäus-Kirche in Karlsruhe-Neureut die Lieder aufgenommen werden.
Marcus und Franz Balzer ist es mit viel Geduld gelungen, technisch gute Aufnahmen zu machen. In ihrem Rastätter Studio wurden die Aufnahmen verfeinert und die CDs und MCs hergestellt.
Die Chorleitung für die Aufnahmen hatte Hannelore Slavik übernommen. Auch ihr wurde dabei viel Geduld abverlangt. Am Ende ist es der bekannten Musiklehrerin und Dirigentin des Karlsruher Chores der Banater Schwaben gelungen, einen gut klingenden Klangkörper zu formen und Chorgesang wie aus den besten Tagen des Billeder Kirchenchores zur Aufnahme zu bringen.
Doris Slavik, die Tochter der Chorleiterin, spielte die Orgel für die Aufnahmen. Mit der mehrfach ausgezeichneten jungen Pianistin wurde auch das Klavierstück „Herbstlied“ von
P. Tschaikovsky aufgenommen.
Der Billeder Kirchenchor trägt sieben beliebte Kirchenlieder vor, darunter sehr bekannte Lieder wie „Mit frohem Herzen will ich singen“ und auch neuere Kirchenlieder wie „Dankt dem Herrn“.
Ergänzt wird der Chorgesang mit Liedsolos von Hans Sieber- Brach „Ave verum corpus“, von Imgard Holzinger- Fröhr „Ave Maria“ und mit dem Duogesang von Susanne Ballmann und Elisabeth Rieder „Ave Maria, Muttergottes“.
Als letztes ist das Lied „Glocken der Heimat“ zu hören, vorgetragen von einer Gesangsgruppe.
Peter Krier, HB 1999, Seite 10
Chorleitung: Hannelore Slavik
Orgel/Klaviersolo: Doris Slavik
Solisten: Irmgard Holzinger-Fröhr
Susanne Ballmann, Elisabeth Rieder, Maria Muhl, Johann Sieber-Brach.
Organisation: Peter Krier.
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