Russlanddeportation vor 70 Jahren - Erlebnisberichte
Das Mädchen Tonia - von Helene Neumayer, geb. Feiler (HB 2005)
Die Gedenkfeier, die seitens unserer Landsmannschaft im Frühjahr 2005 in Ulm stattfand, erinnerte an die größte Tragödie in der Geschichte der Banater Schwaben: die Verschleppung nach Russland 1945!
Die Heimatglocken - durch Tonband übertragen - die Hunderte Landsleute beim schwersten Gang ihres Lebens begleiteten, lösten im Saal ein Schluchzen aus.
Als dann die Trachtenträgerinnen in Reihen durch den Mittelgang nach vorne kamen, in den Händen Kreuze tragend, worüber Schleifen mit den Namen der einzelnen Lager gelegt waren, lief es auch mir kalt über den Rücken: Es war ein unheimlich ergreifender Augenblick. Wir sind eigentlich nicht mehr viele Zeitzeugen des Geschehens von damals.
Im Großen und Ganzen ähnelten sich die Schicksale der Verschleppten: Aushebung in den frühen Morgenstunden, die lange Fahrt in Viehwaggons, Hunger und Entbehrung, menschenunwürdige Arbeitsbedingungen.
Abgesehen davon, dass viele ihr Leben verloren, erlitten manche jedoch zusätzliche Qualen am Abgrund der menschlichen Vorstellungskraft. So z.B. auch meine Pritschen-Nachbarin im Straflager Wolodarka.
Gleich am Anfang wurden wir zur Arbeit in verschiedenen Kohlengruben zugeteilt. Ich erhielt meinen Arbeitsplatz oben im Schacht beim Entleeren der Loren, die mit Kohlen aus den Schächten gefördert wurden.
Immer dasselbe. So vergingen Wochen und Monate. Der Druck wurde größer und größer.
Als wir in der Heimat einwaggoniert wurden und uns von einigen unserer Angehörigen verabschiedeten, waren die letzten Worte meines Vaters: „Lern schnell die Sprache!“
Ich befolgte seinen Rat. Ende des zweiten Jahres konnte ich „Anna Karenina“ schon russisch lesen. Aber mein Eifer wurde mir - so unglaublich es klingt - fast zum Verhängnis.
Im Lager wurden Tonia, eine Temeswarerin, und ich einmal plötzlich ins Verwaltungsgebäude gerufen. Hier saß mir ein neuer Offizier gegenüber und führte belanglose Gespräche: Wo wir herkommen? Was wir zu Hause gearbeitet haben, usw.
Wir waren beide ahnungslos und wussten nicht, wem wir gegenübersaßen. Später erfuhren wir: Es war Oberstleutnant Luzenko, ein Geheimpolizist des NKWD, der testen wollte, wer von uns beiden die Sprache schon besser beherrscht, den er als Dolmetscher gebrauchen konnte.
Luzenko entschied sich für Tonia, wohl die robustere von uns beiden; vielleicht sprach sie auch wirklich schon besser russisch als ich.
Sie wohnte mit mir in einem Raum. Auf den oberen Pritschen hatten wir unser Lager zurechtgemacht.
Nun begann ihr furchtbarer Dienst. Fast täglich kam in den frühen Morgenstunden zwischen 2 und 3 - das waren die üblichen Stunden der Aushebung im totalitären kommunistischen Regime - ein Wachposten, weckte sie aus dem Schlaf und führte sie hinüber ins Verwaltungsgebäude. Hier wartete Luzenko mit seinem Opfer und sie sollte dolmetschen.
Anfangs erfolgten banale Gespräche und dann ging es immer heftiger zu. Das Opfer, ein männlicher Lagerinsasse, sollte bekennen, dass er persönlich gegen die Sowjetunion gekämpft hatte. Weil er dies nicht zugeben konnte und verneinte, begannen die Hiebe.
Gewöhnlich ergriff Luzenko den Riemen und schlug gnadenlos und brutal auf sein Opfer ein. Das ging fast täglich so.
Jedesmal war ein anderer Mann von unserem Lager dran. Immer die furchtbaren Schmerzen, Geschrei und Wehklagen, die Tonia miterleben musste.
In Wirklichkeit waren die Männer unseres Lagers niemals Soldaten gewesen. Die meisten hatten bis zur Aushebung das Militäralter noch gar nicht erreicht.
Ich hatte inzwischen meinen Arbeitsplatz gewechselt und kam in das Krankenrevier, wo ich der Feldscherin Anna Romanovna half, die Kranken zu versorgen. Ich war froh, dass ich um Haaresbreite einer großen Gefahr entkommen war.
Für Tonias Klagen und Verzweiflung behielt ich aber immer ein offenes Ohr. Sie hatte die Grenzen ihres Durchhaltevermögens erreicht, war nervlich total zerrüttet und wusste keinen Ausweg. Zweifellos hatte sie die schwerste Arbeit im Lager.
Nach mehreren Monaten dieser schrecklichen Arbeit, in die Tonia geschlittert war, erfuhren wir, dass Tonia im Karzer hinter Schloss und Riegel saß. Das war ein Verlies im Keller, eine 1,5 m große, betonierte Fläche, wo man nur stehen konnte, eine Möglichkeit zum Liegen gab es nicht. Wir hatten keinen Zugang zu ihr.
Ein Mal täglich ließ ein Wachposten sie heraus zur Latrine. Ich nahm versteckt die Gelegenheit wahr, ihr unbemerkt etwas Brot und eine Konservendose Wasser zuzustecken.
Nach etwa 4 Tagen ließ man sie frei. Sie konnte kaum noch auf den Beinen stehen, ist völlig zusammengebrochen.
Meine Frage „Warum?“ durfte sie nicht beantworten. Immer hinter vorgehaltener Hand: “Er droht, mich zu erschießen“, war die Antwort. Das Menschliche, das wir in der russischen Seele manchmal schon erleben konnten, kam hier nicht zur Geltung.
Erst viel später wurde Tonias Karzeraffäre transparent. Offensichtlich hatte sie damals Luzenko ihre Schwangerschaft offenbart und er wusste, dass nun auch seine Stunde schlagen wird und ergriff daher diese abscheuliche Maßnahme gegen sie.
Jahre nach der Heimkehr konnte ich einiges über Tonia erfahren. Sie wurde mit einem Krankentransport 1947 nach Frankfurt/Oder entlassen, wo sie bald - trotz zurückliegender Hungerphasen - einem gesunden Jungen namens Ludwig das Leben schenkte.
Noch im gleichen Jahr gelang ihr die Heimkehr nach Temeswar, wo die Eltern ihre einzige Tochter freudig in die Arme schließen konnten - wenn auch mit Anhang.
Ludwig kam später in die deutsche Schule, danach ins Lenau-Lyzeum, wo er zu den Spitzenschülern seiner Klasse zählte.
Tonias Fall ist ein Beispiel für so viele sittlich wohlerzogene Mädchen, die durch die Wirren und Grausamkeiten des Krieges in eine ungewollte Situation gezwungen oder gesteuert wurden. Heute, wo wir schon 17-18-jährige Enkelinnen im zarten Mädchenalter haben, stellen wir uns die Frage, wie die Geschichte so grausam sein und unschuldige junge Menschen in so einen dunklen, schwarzen Schlund werfen konnte.
Anerkennung gebührt den Veranstaltern der Ulmer Gedächtnisfeier, wo wiederholt der vielen unschuldigen Opfer gedacht wurde, die das Glück, in Frieden und Freiheit zu leben, nicht mehr erleben konnten und so jung ihr Leben lassen mussten.
Mussten zwei schreckliche Weltkriege über unsere Länder toben, bis die Menschheit zur Vernunft kam, dass man Konflikte auch an grünen Tischen lösen kann?
Mögen all diese bitteren Wahrheiten dazu beitragen, dass die jetzige und alle künftigen Generationen alles tun, um Diktaturen und Kriege zu verhindern.
Der Friede möge erhalten bleiben, das ist unser aller Wunsch!
Verhör - von Josef Bergmann (HB 2005)
Man schrieb den 11. Januar 1946, war es wieder so weit. Ein zweites Verhör stand mir bevor, und das hatte es in sich. Sein dramatischer Verlauf ließ mir die vierstündige Dauer wie im Fluge vergehen.
Ich sollte bekennen, persönlich gegen die Sowjetunion gekämpft zu haben.
In dem großen Raum des Verwaltungsgebäudes stand bloß ein kleiner Tisch, an dem saßen wir uns gegenüber: Der Offizier und ich - Auge in Auge.
Dazwischen lag eine Pistole, wohl zur Einschüchterung gedacht. Denn wie sollte ich, ein 18-jähriger, schmächtiger Junge, für den gut genährten, kräftigen Mann in den besten Jahren eine Gefahr darstellen?
Als ich mich noch immer abweisend und für ihn uneinsichtig zeigte, verließ ihn anscheinend die Geduld: Rasdet! (Ausziehen) befahl er plötzlich in barschem Ton. Ich zögerte und er wiederholte den Befehl mit Nachdruck: Rasdet, no bystrej! (Ausziehen, aber dalli!) Und ich zog mich aus und stellte mich splitternackt in eine Ecke des Zimmers, die er mir zuwies.
Er näherte sich mir, mit drohender Gebärde brüllte er mich an: Ty faktischeski nitschewo ne snajesch? (Du weißt wirklich nichts?) Als keine Antwort über meine Lippen kam, versetzte er mir einen Faustschlag, dass ich sogleich zusammensackte. Nadet! (Anziehen!), sagte er nach einer Weile.
...rot vor Wut befahl er mir, mich erneut auszuziehen und mich mit dem Gesicht gegen die Wand zu stellen. Ein Schreck fuhr mir durch die Glieder.
Ich konnte nur erahnen, was mich erwarten würde. Der Offizier entledigte sich seines Leibriemens und schlug ein ums andere Mal auf mein nacktes Hinterteil ein.
Was für eine Demütigung! Ich war unfähig, die Zahl der Schläge zu zählen. Ich fühlte nur einen unerträglichen Schmerz, und Tränen rannten mir ungehemmt über die Wangen.
Memme! höhnte er und ließ mich anziehen und an den Tisch kommen.
Ich flüchtete 2 Monate später aus dem Lager und er selbst soll - wie man mir später erzählte - wegen seines Verhältnisses zu der Dolmetscherin, die er geschwängert hatte, und wegen Übergriffen an Zivilisten auch in einem Straflager gelandet sein.
Wassersuppe im Lager 1004 - von Waltraud Schwarz (Suedkurier 03.06.2005)
Für den Banater Schwaben Jakob Müller aus Singen war der Krieg erst nach seiner Rückkehr aus sowjetischer Zwangsarbeit vorbei.
Ungläubig, zumindest sehr skeptisch reagierten die Gefangenen im Lager 1004 im ukrainischen Donez-Becken, als ein sowjetischer Offizier am 9. Mai 1945 antreten ließ, um zu verkünden, der Krieg sei zu Ende, Hitler besiegt.
„Propaganda“, dachten die ein Vierteljahr zuvor zur Zwangsarbeit verschleppten Deutsch-Rumänen aus dem Banat.
Einer von ihnen, der heute in Singen lebende Jakob Müller, schildert, wie er und seine Landsleute Hoffnungen auf den Endsieg Deutschlands mit kuriosem Selbstbetrug nährten: Sprengungen in den Kohlegruben, die in den folgenden Jahren für viele unter grausamen Bedingungen den Tod bedeuten würden, hielten sie für deutsches Artilleriefeuer und warteten auf die Befreiung durch die Wehrmacht.
Doch Jakob Müller musste noch viereinhalb Jahre auf sein Kriegsende warten: Erst am 22. Dezember war der damals 22-Jährige wieder frei und zu Hause in Billed, einem Dorf in der Nähe von Temeswar, dem Zentrum des Banats.
Wenn er heute von dieser Zeit erzählt, ist „das Leid von damals mehr oder weniger vergessen“.
Doch nach einem langen Abend ist es für ihn „ergreifend“, wenn man die Vergangenheit bildlich vor sich sieht. Viele dieser Bilder sind der reine Horror.
Jakob Müller berichtet von einer unbeschwerten Jugend, der Konditor-Lehre in Temeswar und vom Traum von der Selbständigkeit in diesem Beruf.
Der wurde zerstört, als gegen Kriegsende die Rote Armee vorrückte. „Es lag was in der Luft, als immer mehr leere Güterwaggons ankamen.“
Die Banater Schwaben, die sich mit deutschem Nationalstolz auf Treue zur Hitler-Diktatur eingeschworen und dem Terror-Regime Soldaten gestellt hatten, ahnten dunkel, sie würden nach „Russland“ gebracht. (...)
Die Deportation begann bei -18° mit einem 25-km-Marsch zu einer Sammelstelle.
Wenn Jakob Müller davon erzählt, wird vor allem die Erinnerung daran wach, wie er die Mutter, die mit anderen Frauen diesem Zug folgte, anflehte, nach Hause zu gehen, die aber in der grimmigen Kälte die Nacht in der Nähe verbrachte.
Sie wollte bei ihrem einzigen Kind bleiben - Jakobs Bruder war im Sommer 1943 als Kriegsfreiwilliger bei Narvik gefallen. (...)
Im Lager - einem zerstörten Theater - fanden sie unter einem durchlöcherten Dach Holzpritschen vor, die mit einer Eisschicht überzogen waren. Von dort aus ging es zur mörderischen Arbeit in die Kohlegruben. Jakob Müller sieht noch die Frauen vor sich, die mit kiloschweren Brechstangen Gestein zertrümmern mussten.
Sein Überlebenswille ließ den damals 19-Jährigen zu einem äußerst harten Menschen werden. Der junge Mann verlegte sich aufs Schuften.
Schnell wurde er zu einer Art Vorarbeiter, der seine Leidensgenossen ebenfalls zu Höchstleistungen antrieb.
Den Hass, den er dafür auf sich zog, nahm er in Kauf, weil er hin und wieder ein Stückchen Butter bekam - lebenswichtig bei einer Ernährung, die hauptsächlich aus wässriger Suppe bestand.
„Ich wollte überleben“, rechtfertigt er sein Handeln.
Ständig schwebte über den Geknechteten das Schreckenswort „Sibirien“.
Die Verlegung vom Don in die berüchtigten Straflager wurde oft willkürlich angeordnet.
Jakob Müller erinnert sich an seinen Landsmann Tröndle, der sich die Hände in einem Walzwerk verletzte. Selbstverstümmelung wurde ihm unterstellt. Aus Sibirien kam er erst 1953 zurück.
Auch Jakob Müller litt jahrelang an den Folgen der Quälereien, die er im Lager durchgemacht hatte: Erfrierungen ließen immer im Frühjahr und im Herbst Hände und Füße anschwellen und die Haut aufplatzen.
Jascha, wie er im Lager genannt wurde, hatte einer Aufseherin eine Ohrfeige verpasst. Dafür wurde er bei -30° in eine Holzkiste gesperrt, in welcher er nur stehen konnte.
Zwei Brüder aus einem Nachbarsdorf im heimischen Rumänien steckten ihm heimlich Holzspäne und Streichhölzer zu, damit er sich wenigstens die Hände wärmen konnte.
Als die Hilfsaktion aufflog, folgte ein Verhör des Geheimdienstes NKWD und die - in diesem Fall unbegründete - Angst, nach Sibirien deportiert zu werden.
Noch heute klingt Entsetzen mit, wenn Jakob Müller von den alten ostpreußischen und schlesischen Leidensgenossen berichtet, die er als lebende Skelette in Erinnerung hat.
Für einen dieser geschundenen 60-70-jährigen Männer musste er einmal dolmetschen. Splitternackt sei der Mann vor einem Aufseher gekniet und habe diesen um ein Gewehr und eine Kugel angefleht. „Der liebe Gott wird es dir lohnen“, hat Jakob Müller noch im Ohr.
Viele dieser geschundenen, alten Menschen hätten sich aus Verzweiflung aufgehängt.
Genauso gut wie die entsetzlichen Erlebnisse hat Jakob Müller auch die Frau in Erinnerung, die eines Tages an den Zaun des Lagers kam und ihm eine Kanne mit Suppe gab.
Schnell klärte sich auf, warum gerade er die Hilfe bekam: Die Frau zeigte ihm ein Bild ihres gefallenen Sohns, der dem jungen Banater ähnlich sah.
Erzählt der 78-Jährige diese Episode, ist Dankbarkeit herauszuhören, diese furchtbaren Jahre überhaupt überlebt zu haben.
Die letzten Briefe eines Verschleppten - von Peter Krier (HB 2005)
Postkarte mit der Todesnachricht von Nikolaus Welter an seine Mutter
Nikolaus Welter, Nr. 587, am 14. Januar nach Stalino zur Zwangsarbeit verschleppt, schreibt an seine Mutter, Maria Welter, in Billed.
Auszüge aus den erhaltenen Briefen und Karten:
Stalino, 08.09.1946
Liebe Mutter, mit schwerem Herzen teile ich Dir mit, dass wir noch gesund sind (...)
Gräme Dich nicht liebe Mutter, wenn wieder Kameraden nach Hause kommen und wir sind nicht dabei (...)
Liebe Mutter, schreibe mir doch eine Rot-Kreuz-Karte, vielleicht findet eine den Weg zu mir.
Wir hoffen und harren auf unser einstiges Wiedersehen.
Stalino
Liebe Mutter, (...) mache Dir keine Sorgen (er zählt den Verlust der Enteignung auf) wenn uns Gott die Gnade schenkt, dass wir uns wiedersehen, wird schon alles gut.
Liebe Mutter, vertraue auf Gott, denn er ist unser Beschützer (...)
Stalino, 03.10.1946
(...) Ich habe neue Wäsche gefasst. Nur meine Hose und Rock sind fertig, total zerrissen, auch meine Schuhe. (...)
Vielleicht hilft uns der liebe Gott, dass wir bald die Heimat wiedersehen.
Löbau 14.04.1947 (die Arbeitsunfähigen werden in die Ostzone transportiert, sie dürfen offiziell nicht mehr nach Rumänien zurück)
Mein liebes gutes Mutterl, (....)
ich bin gesund, habe keine Angst, ich bin nur ein wenig müde, ich sehne mich so nach Dir und den Lieben in der Heimat.
Löbau 15.04.1947
Liebe Mutter, einen schönen Gruß aus dem fernen Deutschland. (...)
besorge mir alle Papiere, damit ich schnellstens heimkehren kann.
In der Hoffnung auf baldiges Wiedersehen.
Löbau 19.04.1947
Liebe Mutter, zum drittenmal schreibe ich Dir aus Sachsen.
Ich hoffte, zu Ostern zu Hause zu sein, wir sind am 25.03. von Stalino abgefahren.
Leider hat Gott es anders gewollt. Nach 4-5 Tagen geht es zum Bauern, dann geht es bestimmt besser.
Grüße alle, die nach mir fragen, ich hoffe, Dich und die liebe Heimat bald wieder zu sehen.
St. Michaelis 03.05.1947
Liebe Mutter, endlich habe ich einen Platz zum Schlafen, sonst noch nichts.
Wir sind zu dritt in zwei Betten. Wir bekommen unsere (Lebensmittel) Karten (...)
Wir hätten zu Ostern zu Hause sein können, doch das Schicksal hat es anders gewollt, scheinbar ist das Maß noch nicht voll, wir fügen uns und hoffen auf den Tag der Erlösung.
Liebe Mutter, pflege das Grab meiner lieben verstorbenen Frau, bete auch in meinem u. ihrem Kind seinem Namen.
Schmücke es mit Blumen, so oft Du welche hast; weiß der liebe, Gott ob wir es noch mal sehen können. (...)
Wir sind frei und können nicht nach Hause.
Liebe Mutter, bete zum lieben Gott, dass er uns erlöst, vergebe mir alles, sollte ich Dich betrübt haben.
St. Michaelis 07.05.1947
Liebe gute Mutter, einen schönen Gruß aus weiter Ferne. (...)
Ich bin sehr krank. Ob ich noch einmal die Gnade habe aufzukommen?
Liebe Mutter, falls mich das Los trifft, fern der Heimat zu sterben, so denke ich, es war Gottes Wille, lasse dann eine Stillmesse lesen.
Ich habe mir immer versprochen, wenn ich nach Haus komme, eine Messe lesen zu lassen und nach Radna zu gehen, nur scheinbar hat der liebe Gott es anders bestimmt.
Liebe Mutter, nicht traurig sein, ich werde von meinem schweren Leben erlöst, das nichts als Kampf war.
Nur eines tut wehe, dass ich die liebe Heimat und Dich, liebe Mutter, nicht mehr sehen konnte und an der Seite meiner geliebten Frau in der Heimat ruhen darf. (...)
Lebe wohl, lebe wohl.
Am 3. Juni 1947 schreibt Peter Slavik aus St. Michaelis an Maria Welter in Billed:
Gestern fuhr ich mit größter Freude nach Freiberg, meinen Kameraden Nikolaus Welter zu besuchen. Doch meinen Kameraden habe ich tot gefunden.
Die Schwestern sagten, er sei am 31. Mai um 5 Uhr gestorben.
Doch macht Euch stark, er ist nicht der Erste und nicht der Letzte der stirbt; solange wir nicht alle zu Hause sind, sterben noch.
Ruhr und Typhus haben Euer Kind zum Tod gezwungen.
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