Heimattag 2017
22. Billeder Heimattreffen in Karlsruhe-Neureut - von Elisabeth Martini
Das kompaktere Billeder Heimattreffen (statt 2 nur 1 Tag) vom 3. Juni 2017 in der Badnerland Halle Neureut war ein Festtag der besonderen Art durch die mitfeiernden Ehrengäste, durch das Auftreten des Tanz-Ensembles „Heiderose“ aus Billed und nicht zuletzt durch die dokumentarisch- fotografische Leistung der von Hans Rothgerber konzipierten und realisierten Fotoausstellung anlässlich des 90-jährigen Jubiläums der Billeder Freiwilligen Feuerwehr.
Als Präambel des Heimattages kann der Empfang der Billeder Tanzgruppe mit ihrem Tanzlehrer Hansi Müller und ihrer organisatorischen Leiterin Edith Barta gewertet werden, die angeführt und begleitet wurden von dem Billeder Bürgermeister Cristian David, dem Vize-Bürgermeister Gheorghe Baba – auch Feuerwehrkommandant - und dem Vorsitzenden des Billeder Demokratischen Forums der Deutschen Adam Csonti – auch Gemeinderatsmitglied.
Empfang im Bürgersaal Karlsruhe
Empfangen wurden sie im Bürgersaal Karlsruhe von Bürgermeister Michael Obert, der seinen Gästen nach herzlicher Begrüßung die Schokoladenseiten Karlsruhes präsentierte, die auch in dem anschließend gezeigten Film zu erkennen waren.Er vergaß nicht, auf die Partnerschaft mit Temeswar hinzuweisen und auf die Tatsache, dass dann, wenn Menschen sich kennen, Gutes getan und Schlimmes vermieden werden kann.
Auch der Austausch der kleinen Geschenke erfolgte im Sinne des Sprichworts: „Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft“, auf die die rumänische Delegation besonderen Wert legt. Der vorbereitete kleine Imbiss bot Gelegenheit zu weiteren Diskussionen, die in sehr angenehmer Atmosphäre verliefen und mit dem Versprechen des Bürgermeisters endeten, beim Umzug der Trachtenträger dabei zu sein – was er übrigens auch tat - auch noch versprach, selbst Billed einmal zu besuchen.
Gedenkfeier am Denkmal der Billeder auf dem Karlsruher Hauptfriedhof
Diesmal musste der Pfingst-Samstag recht vollgepackt werden, da den Billedern nur diese 12-14 Stunden zur Verfügung standen und sie viel vorhatten.So war die Feier am Billeder Gedenkstein für die meisten Anwesenden tief beeindruckend durch die diesmal ausführlichere Ansprache des Vorsitzenden der HOG Billed Werner Gilde, zumal es einen besonderen Anlass dazu gab: die Renovierung des Gedenksteins, an dem nicht nur Billeder manchmal beten. Dieser 30 Jahre alte Stein war durch die Jahre unansehnlich geworden und die Schrift war kaum noch lesbar.
Jetzt erstrahlt er wieder in ursprünglichem Glanz zur Freude aller Vorbeikommender. Die eingemeißelten Stationen veranschaulichen den historischen Werdegang der Billeder: Einwanderung in das versumpfte Land, über Tod und Not, bis endlich das Brot gesichert war und der Wohlstand sich anbahnte; die Kirche in der Dorfmitte verdeutlicht die Rolle der christlichen Ethik im Gemeinschaftsleben wie auch der renovierte Kalvarienberg. Der dargestellte Stacheldraht symbolisiert die Zeit der Unfreiheit, der Kriegsgefangenschaft, der Deportationen. Zuletzt wird auf dem Stein die Aussiedlung dargestellt, der Weg in die Gegenwart, in die neue Heimat.
Heute kann man schnell und problemlos in die alte Heimat gelangen, was – bei Gott – nicht immer so war! Das friedliche Zusammenleben der Völker durch Verständigung ist Garantie auch für den Begriff Heimat, der so vieles umfasst und den meisten Menschen heilig ist.
Nach Abram Terz trägt jeder die Heimat in sich selbst. Sie verbindet über Grenzen und lässt hoffen auf das gemeinsame Haus Europa, an dem auch wir als Brückenbauer mitbauen können.
Feierlich stimmten auch die um den Gedenkstein versammelten Bläser unter der Leitung von Jakob Groß und Adam Tobias und der Banater Chor Karlsruhe unter der Leitung des Dirigenten Ortwin Meinhardt und dem organisatorischen Leiter, Dietmar Giel; die zu hörenden Heimatglocken, während die schier endlos erscheinende Liste der seit 2015 verstorbenen Billedern von Sepp Herbst vorgelesen wurde.
Die Fürbitten, vorgetragen durch Elisabeth Luckhaub, sowie der Gedichtvortrag von Heidi Müller gehörten wie immer zum festlichen Gepräge dieser Gedenkfeier, gewidmet allen Billeder Verstorbenen in der ganzen Welt.
Werner Gilde erinnerte auch daran, dass 1987 zum Errichten dieses Gedenksteins 340 Billeder 32.000 DM gespendet hatten und fragte sich, wie viele Billeder sich diesmal an den Renovierungskosten wohl beteiligen werden.
Ausstellung in der Badnerlandhalle
In der Badnerland Halle hatte inzwischen Hans Rothgerber mit Helfern die der 90-Jahr-Feier der Billeder Freiwilligen Feuerwehr gewidmete Ausstellung mit einzigartigen Großaufnahmen (37 A1) derselben in verschiedenen Momenten ihrer Aktivität fertiggestellt. Stolz erkannten sich viele in ihrer jugendlichen Phase auf diesen Fotos. Diese gehen auf den Anfang der Billeder Freiwilligen Feuerwehr ein, auf ihr Werden und Wirken im Laufe der 90 Jahre, auf ihre großartigen Leistungen und Erfolge, auch auf kulturell-unterhaltsame Tätigkeiten.Nach der feierlichen Eröffnung der Ausstellung, vor der eine Feuerwehrattrappe in original Billeder Paradeuniform stand, eine Feuerwehrhupe Alarm gab, kamen viele Neugierige vorbei.
Auch Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup und Bürgermeister Michael Obert fanden die Ausstellung lobenswert, beglückwünschten Hans Rothgerber, den kreativen Kopf. Zurzeit ist sie bereits in Billed und wird dort bei der Feier im August zu sehen sein.
Umzug der Trachtenpaare und Festgottesdienst
Danach marschierte der Festzug der Trachtenträger, begleitet von Bürgermeister Michael Obert, dem Ehrenvorsitzenden der HOG Billed Peter Krier, dem Vorsitzenden Werner Gilde, Sepp Herbst und der Abordnung der Menzinger Freiwilligen Feuerwehr mit ihrem Kommandanten Thomas Mikisek, zum Neureuter Feuerwehrhaus, wo sie vom Ortsvorsteher Jürgen Stober und dem Kommandanten der Neureuter Feuerwehr Harald Nagel empfangen wurden. Es erfolgte die Einladung zum Fest, die dankend angenommen wurde. Als Neuheit bot die Gattin des Feuerwehr-Kommandanten den Gästen einen Kirchweihkuchen an.Der Rückmarsch, der von der Blaskapelle Billed-Alexanderhausen begleiteten Trachtenträgern, der Tanzgruppe aus Billed und den Tanzgruppen der Banater Schwaben aus Karlsruhe, begeisterte viele Zuschauer, lockte auf die Straße, ließ klatschen, winken und mitmarschieren. Es bot sich ein farbenprächtiges, jugendliches Bild mit den mustergültig getragenen Banat-Schwäbischen Trachten.
Politik kann auch Heimattage manchmal negativ beeinflussen. Bedingt durch die beiden Karlsruher Demonstrationen waren viele Straßen gesperrt und der Heimatpfarrer Robert Dürbach konnte nur mit Verspätung den Festgottesdienst in der St. Judas Thaddäus Kirche zelebrieren.
Trotzdem verlief alles relativ gut, vor allem weil der Banater Chor unter der Leitung von Sonya Salman wunderschön sang, auch ein schwieriges Lied, das unter der neuen Leitung so ganz besonders klang, natürlich auch wegen der Solistinnen Irmgard Fröhr-Holzinger und Melitta Giel, deren Stimmen jedes Mal tief berühren, unseren speziellen Dank verdienen.
Feierlichkeiten in der Badnerlandhalle
Zur Eröffnung der Feierlichkeit in der Badnerland Halle begrüßte Werner Gilde recht herzlich die Ehrengäste: Bürgermeister Michael Obert, Ortsvorsteher Jürgen Stober, Herwig Stefan mit Gattin (HOG Alexanderhausen), Dietmar Giel mit Gattin (HOG Kleinjetscha), Anton Enderle (HOG Perjamosch), die Billeder aus allen Gassen und auch die Nicht-Billeder von überall.In seinem Grußwort erwähnte Bürgermeister Obert, dass er nun schon das fünfte Mal bei unserem Heimattag dabei ist und es als etwas Besonderes sieht, dass auch der jetzige Billeder Bürgermeister Cristian David diesmal dabei ist. Er findet, dass auch dadurch der Brückenschlag zwischen der alten und der neuen Heimat erfolgt und dass man eigentlich dort heimisch ist, wo man Erinnerungen hat.
Der Neureuter Ortsvorsteher Jürgen Stober lobte in seiner Begrüßung das Treffen mit seinem einmaligen Umzug, wodurch auch die Weitergabe der Tradition gesichert wird, die Bereitschaft, etwas für andere zu tun, sich für sie einzusetzen. Die fast 500 Karlsruher Familien mit Billeder Ursprung haben dadurch, dass sie sich hier ein neues Leben aufgebaut haben, auch Anteil an allen Errungenschaften dieser Stadt. Deshalb wünschte er nicht nur vergnügte Stunden, sondern auch alles Gute für die Zukunft.
In seiner Rede hob der Billeder Bürgermeister Cristian David hervor, dass er sich geehrt fühlt, bei diesem Billeder Heimattag in Karlsruhe-Neureut dabei zu sein, außerdem versteht und bedauert er die Gründe der Auswanderung, wo er doch gegenwärtig auch mit der Abwanderung der rumänischen Bevölkerung Billeds zu tun hat.
Die Deutschen haben unauslöschliche Spuren hinterlassen, gibt er unumwunden zu. Er zeigte sich beeindruckt durch den Empfang im Karlsruher Rathaus und die großartige Ausstellung zum 90-jährigen Jubiläum der Billeder Freiwilligen Feuerwehr und lud alle zur Feier des Jubiläums am 26.-27. August nach Billed ein. Auch bedankte er sich für die sehr freundliche Aufnahme und vergaß nicht, die Grüße der jetzigen Billeder zu überbringen.
Werner Gilde schenkte ihm ein Buch über die Geschichte der Banater Schwaben und Siebenbürger Sachsen, damit die Billeder Schüler mehr darüber erfahren.
Zwischen den einzelnen Reden tanzte die Billeder Tanzgruppe, „Heiderose“ mal langsam, mal beschwingt (Polka), aber immer auf hohem Niveau, ein Augenschmaus, und erntete tosenden Beifall. Auch die Karlsruher Tanzgruppen der Banater Schwaben zeigten ihr tänzerisches Können, wurden begeistert gefeiert. Zuletzt tanzten alle Gruppen vereint „Veilchenblaue Augen“ - nur schade, dass dazu zu wenig Platz war, weil es jedes Mal so schön ist!
Karlsruher Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup
Nachdem der Vorsitzende der HOG Billed allen, aber auch allen am Fest Beteiligten gedankt hatte, kam noch die große Überraschung: Der Karlsruher Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup fand trotz Demonstrationen und sonstigen Verpflichtungen noch ein Zeitfenster, um unser Fest zu beehren.Zumal er schon Billed durch Besuche kennt, weiß er, wie es um den Spagat zwischen alter und neuer Heimat steht. Er weiß aber auch, dass der kulturelle Reichtum der Stadt Karlsruhe zum Teil auch auf die frühen oder späten Aussiedler zurückzuführen ist. Karlsruhe hat eine Bevölkerungsfluktuation von 25.000 Personen pro Jahr, so dass Heimat jedem ein Gefühl von Sicherheit und Wurzeln gibt.
Wir alle wissen, dass wir nur gemeinsam stark sind, etwas bewegen oder auf die Beine stellen können. Dabei steht uns unser Motto zur Seite. „Nur der ist seiner Ahnen wert, der ihre Sitten treu verehrt“.
Das „Verzähle“, Umarmen und sich Freuen wie auch das Tanzbein-Schwingen zu den Klängen der Blaskapelle Billed-Alexanderhausen und später auf die Musik von DJ Gerry, dauerte bis nach Mitternacht, als man zufrieden und auch müde nach einem so langen Dabeisein heimging, mit Dank an die, die das alles möglich gemacht haben und mit dem Wunsch, immer wieder dabei zu sein.
1. Plakate, Banner, Wappen und Festprogramm
Den Hintergrund der Plakate und Banner bilden Aufnahmen vom Billeder Kalvarienberg, dem Wahrzeichen der Gemeinde, nebst den auf der Banater Heide verbreiteten "Pipatsche" (Roter Mohn). Vor 180 Jahren wurde der Kalvarienberg erstmals als kirchliches Denkmal im Visitationsbericht des Bischofs der Tschanader Diözese Joseph Lonovics als "Kreuz auf Kleinbetschkerek zu gelegenen Hügel" erwähnt. Der ab 1845 in Billed amtierende Pfarrer Paul Novak ließ auf dem Hügel einen "ins Auge fallenden Kreuzweg" erbauen.
Auf den Plakaten und Banner befinden sich von oben nach unten die Wappen der HOG Billed, der Gemeindeverwaltung Biled in Rumänien, der Freiwilligen Feuerwehr Kraichtal Abt. Menzingen (Ehrengäste), des Karlsruher Stadtteils Neureut (Veranstaltungsort), der Stadtverwaltung Karlsruhe (Schirmherrschaft) und das Wahrzeichen der Stadt Karlsruhe (Pyramide). Im Raum Karlsruhe fanden über 400 Billeder ihre neue Heimat.
4. Gedenkansprache am Denkmal - von Werner Gilde
Geehrte Gäste! Liebe Billeder Landsleute!
Wir haben uns heute hier versammelt, um mit dieser Gedenkfeier unseren 22. Billeder Heimattag in Würde zu beginnen.
Vor fast 30 Jahren am 7. Juni 1987 wurde unser Billeder Gedenkstein von Pfarrer Johann Palfi gesegnet. Bereits beim Billeder Treffen 1983 hat man über die Errichtung eines würdigen Denkmals gesprochen. Zwei Jahre später, beim nächsten Billeder Heimattag, fand die Idee große Zustimmung unter unseren Landsleuten. Und nachdem die Stadt Karlsruhe sich positiv zu unserem Vorhaben geäußert hat und dieses Areal auf dem Hauptfriedhof zur Verfügung gestellt hat, konnte beim darauffolgenden Heimattag das Denkmal geweiht werden.
Besonders vorzuheben sind hierbei die großzügigen Spenden der Billeder für diesen Gedenkstein. Von den 340 Billeder Familien kam die stolze Summe von 32.000 DM zusammen. Damit war die Finanzierung des Vorhabens gesichert.
Heute, zu seinem 30-jährigen Bestehen, erstrahlt unser Gedenkstein in neuem Glanz. Durch die Firma Schmidt wurde das Denkmal gereinigt und die gesamten Inschriften erneuert. Somit kann unser Gedenkstein auch für die nächsten Jahre und Jahrzehnte als Gedenkstätte dienen.
Wir hoffen hierbei, dass sich, wie vor 30 Jahren, viele Landsleute mit einer Spende an diesen Kosten beteiligen.
Uns Billeder war nach dem Verlust der Heimat wichtig, einen Ort zu haben, an dem wir an Allerheiligen und anderen Tagen eine Kerze anzünden können um den Verstorbenen, die weit weg von unserem neuen Zuhause auf den zwei Friedhöfen in Billed beerdigt sind, zu gedenken. Aber auch einfach um in Gedanken sich der Heimat zu erinnern. Mittlerweile ist dieser Gedenkstein auch für viele andere Landsleute aus dem Banat zur Anlaufstelle geworden, um an Allerheiligen Kerzen anzuzünden.
Vor 30 Jahren wurde dieser Gedenkstein geweiht. Das Relief in der Mitte erzählt bildlich unsere Geschichte. Er steht für unsere Heimat, für die Grabsteine auf den Friedhöfen, für Flucht und Vertreibung. Er ist Erinnerungsstein für die Gefallenen der beiden Weltkriege, für unsere Billeder die in der Sowjetunion als Zwangsarbeiter verstarben und für diejenigen die durch die Baragandeportation ums Leben kamen.
Wir gedenken nun all diesen Verstorbenen und all unseren Lieben, die fern von hier begraben liegen.
Wenn wir das in Stein gemeißelte Bild betrachten, so können wir die Einwanderer, dargestellt durch Vater und Sohn, sehen. An ihrer Kleidung sind sie als deutsche zu erkennen. Entschlossen blickt der Mann in das wüste Land vor sich. Für sich und seine Nachkommen will er hier eine neue, freie, segenreiche Heimat schaffen. Wie wir heute wissen, haben die ersten Siedler es nicht leicht gehabt und die Zahl der Gräber auf den angelegten Friedhöfen hat schnell zugenommen. Ihre Pionierleistung ist in die Geschichte des Banats eingegangen. Für sie steht der Satz: „Die Ersten fanden den Tod“.
Das zweite Bild zeigt den fleißigen Bauer, der den Pflug mit kräftiger Hand führt und dem Sumpf Ackerland abbringt. Trotz enormer Arbeit und Fleiß ließ der Wohlstand noch auf sich warten: „Die Zweiten fanden die Not.“
Die Zeit des Aufblühens, des Gedeihens, des Wohlstandes, die Zeit der Ernte und des Brotes ist mit dem Weizenfeld im dritten Bild dargestellt: „Die Dritten fanden das Brot“.
Das Weizenfeld mit der Kirche ist das Bild der Gnade und des Segens. Die Kirche steht in der Mitte des Dorfes, sie war auch Mittelpunkt der Gemeinde.
Das Kirchenjahr, die Glaubenslehre und die christliche Ethik waren die bestimmenden Normen in allen Lebenslagen. Danach richtete sich das, „was mer macht“ und „wie mer es macht“, „was sich ghert“ und „was sich net ghert“. Ungeschriebene Gesetze, an die die Billeder sich gehalten haben.
Der Kalvarienberg im unteren Bild ist das Wahrzeichen unseres Heimatdorfes.
Es war uns ein Anliegen, dieses Wahrzeichen zu erhalten. So wurde er vor einigen Jahren renoviert und erstrahlt heute im neuen Glanz.
Auch unsere Heimatkirche wurde kürzlich renoviert. Bei der 250. Jahrfeier vor zwei Jahren erstrahlte sie in neuem Glanz.
Im nächsten Bild ist der Stacheldrahtzaun zu sehen. Er steht für Unfreiheit und Fronarbeit, für das Leiden der Kriegsgefangenen, der Verschleppten und Deportierten und für ein willkürliches Regime. Gott sei Dank, ist das heute alles Geschichte!
Das letzte Bild stellt die Aussiedlung dar. Unser aller Schicksal, unser Weg in die Gegenwart. Ein Weg in die zweite Heimat, in ein neues Zuhause.
Bei der Weihe 1987 konnte noch niemand ahnen, dass zwei Jahre später der eiserne Vorhang fällt und durch das Wegfallen der Grenzen unser Billed näher zu uns gerückt ist. Ich erinnere mich noch ganz genau, wie schwierig und zeitintensiv die Reisen nach Billed, zu den Gräber meiner Vorfahren, zuvor waren. Ewiges Warten an jeder Grenze. Heute ist man mit dem Auto, wenn alles gut läuft, in knapp 14 Stunden von Karlsruhe nach Billed gefahren. Ganz zu schweigen von den anderthalb Stunden Reisezeit, wenn man mit dem Flugzeug von München nach Temeschburg fliegt. Ja, damals konnte keiner ahnen, dass sich alles so schnell positiv verändern würde.
Heute leben wir im vereinten Europa. Für die jungen Menschen ist es ihre Heimat. Wenige wissen, dass es so etwas ähnliches schon einmal gegeben hat.
Wenn man sich mit der Geschichte der Donaumonarchie Österreich Ungarn beschäftigt, kann man Folgendes erfahren.
Vor 150 Jahren, im Jahre 1867, hat der Kaiser Franz Josef das Staatsgrundgesetz erlassen. Dieses bestand aus drei wesentlichen Elementen: der Verankerung des Parlamentarismus in einer stabilen verfassungsmäßigen Ordnung, einem liberalen Grundrechtekatalog, sowie einem gerechten Ausgleich zwischen den verschiedenen Volksgruppen des Vielvölkerstaates.
Artikel 19.1 lautet: (ich zitiere) „Alle Volksstämme des Staates sind gleichberechtigt, und jeder Volksstamm hat ein unverletzliches Recht auf Wahrung und Pflege seiner Nationalität und Sprache.“
Selbst wenn die Praxis oft hinter dieser Theorie zurückblieb – damals wurden für das habsburgische Klein – Europa Maßstäbe gesetzt, an denen sich die heutige Europäische Union noch orientieren kann.
Heute wird versucht, in einer neuen Partnerschaft das Herz Europas wieder so zu gestalten, dass die Völker friedlich zusammenleben und gemeinsam die Unrechtsfolgen des vergangenen zwanzigsten Jahrhunderts überwinden können. Die Menschen Europas, die guten Willens sind, bemühen sich, einen Raum, der zwischenzeitlich durch Nationalismus, Totalitarismus und Vertreibung und Entrechtung zu einem Negativbeispiel geworden war, in ein positives, erfolgreicheres Model der Verständigung zu verwandeln.
In einer globalisierten Welt beginnt für viele Menschen die Heimat wieder wichtiger zu werden.
Karlsruhe ist in diesem Jahr der Ort, an dem die Heimattage Baden Württemberg stattfinden. Es wird viel über Heimat in Vorträgen und Veranstaltungen gesprochen.
Aber hier stellt sich wie so oft die Frage, was Heimat eigentlich genau ist?
Ist es das liebe traute Elternhaus, in dem wir mit Vater und Mutter, Oma und Otta und den Geschwister gelebt und gewirkt haben?
Ist es die Stube mit dem Tisch und den Stühlen dahinter, der Ofen in der Ecke, der uns an kalten Wintertagen Wärme spendete, oder sind es die Familienbilder an der Wand?
Ist es die Kammer mit dem Bett, in dem wir schliefen und so manchen Traum träumten?
Ist es der Stall mit den Kühen und Pferden, den Hühnern und Schweinen, die wir gefüttert und die uns ernährt haben?
Ist es der Dackel oder die Katzen, unsere lieben Hausfreunde?
Ist es der große Hausgarten mit den vielen Beeten voller Gemüse oder der Vorgarten mit den vielen Rosen oder die Weinreben am Haus?
Sind es die weiten Weizen, Mais, Zuckerrüben und Hanffelder?
Ist es die Wiese wo wir Kinder gerne gespielt, oder die Kaul, der Bach in denen wir an heißen Sommertagen gebadet, oder im Winter geschleimert sind?
Ist es unser Heimatdorf mit all seinen Straßen und Häusern, mit Kirche und Schule, mit Wirtshaus und Kulturheim?
Oder sind es die Menschen, Schulfreunde und Kameraden, die das Bild der Heimat beleben?
So sind wir hineingewachsen in die Dorfgemeinschaft, eine Zelle derselben bildend. Und diese Dorfgemeinschaft und all die Dörfer rundherum, mit all ihren Menschen, das ist unsere Heimat.
Darum treffen wir uns alle zwei Jahre beim Billeder Heimattag oder beim Schlachtfest der Billed – Alexanderhausener Blasmusik in Frankenthal oder beim Herbstfest in Nürnberg, um diese Gemeinschaft zu pflegen.
Ein unbekannter russischer Schriftsteller(Abram Terz) wiederum meinte:
„Heimat ist kein geographischer Begriff. Man trägt sie in sich selbst.“
Die Liebe zur Heimat verbindet über Grenzen hinweg Menschen unterschiedlicher Nationalitäten und unterschiedlicher Generationen.
Welch ein gutes, welch ein hoffnungsvolles Zeichen für ein gemeinsames „Haus Europa“!
Lasst uns gemeinsam daran bauen. Dass gerade wir, die Vertriebenen und Spätaussiedler dies können, haben wir immer wieder bewiesen. Und von der hohen Politik werden wir nicht umsonst, als gute Brückenbauer bezeichnet.
Ich wünsche uns allen einen schönen Billeder Heimattag!
Vielen Dank!
9. Ansprache von Jürgen Stober, Ortsvorsteher von Karlsruhe-Neureut
Sehr geehrter Herr Vorsitzender Gilde,
sehr geehrter Schirmherr, Herr Bürgermeister Obert,
werte Ehrengäste, Herr Bürgermeister Christian David aus Billed, und Herr Sconti, liebe Billeder Heimatortsgemeinschaft,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
nach dem wunderschönen Festzug mit den Trachtenpaaren, mit dem Abholen der Ehrengäste bei unserer Freiwilligen Feuerwehr Neureut, dem folgenden besinnlichen Gottesdienst in der Kirche St. Judas-Thaddäus, möchte ich mich zunächst nochmals ganz herzlich für ihre freundliche Einladung zu Ihrem Heimattreffen bedanken.
Ich bin froh und dankbar, dass Sie unsere Badnerlandhalle erneut als Veranstaltungsort ausgewählt haben. Ich denke diese Halle ist wirklich wie geschaffen für ihre Zusammenkünfte, sei es zahlenmäßig, sei es von der Größe der Bühne, es ist einfach schön hier und ich hoffe, dass Sie sich auch wohlfühlen.
Ich überbringe ihnen die Grüße unseres Neureuter Ortschaftsrates sowie aller Neureuter Mitbürgerinnen und Mitbürger, die zum Teil ja auch an der Umzugsstrecke gewartet und sich gefreut haben, dass wieder einmal ein so schöner Umzug mit Musik und mit Tänzerinnen und Tänzern durch unsere Straßen gezogen sind.
Es ist wirklich ein schöner Brauch, ein fester Pfeiler zum Erhalt und zur Weitergabe ihrer Traditionen und Sie dürfen sich glücklich schätzen, dass immer wieder so viele Engagierte bereit und willens sind, um alle zwei Jahre dieses Fest feiern zu können, feiern zu dürfen.
Ihr diesjähriger 22. Heimattag steht – wir haben es ja bereits gehört – unter dem Motto: „Neunzig Jahre Billeder Feuerwehr, dreißig Jahre Billeder Gedenkstein in Karlsruhe“.
Nach ihrem herausragenden 250-jährigen Jubiläum vor zwei Jahren, der Gedenkfeier an die Ansiedlung im Banat, feiern sie dieses Jahr gleich zwei weitere Jubiläen, mit besonderer Bedeutung, die ihr Zusammengehörigkeitsgefühl ebenso nachhaltig unterstreicht.
Wir wissen alle um die Bedeutung der Freiwilligen Feuerwehr, dieser, wie es unser erster Bundespräsident, Theodor Heuss, gesagt hat: ältesten Bürgerinitiative, die im Jahr 1927 auch in Billed ins Leben gerufen wurde, und die sich viele Jahrzehnte stets für die Sicherheit der Menschen einsetzte. Die Bereitschaft, sich für andere zu engagieren, sie im Notfall zu retten, zeugt von Verantwortung und von Bürgersinn. Dieser Bürgersinn kam auch bei den verschiedenen Spenden durch Feuerwehren aus dem Landkreis Karlsruhe an die Feuerwehr in Billed zum Ausdruck.
Jede Gesellschaft kann nur gut funktionieren, wenn die Mitbürgerinnen und Mitbürger sich einbringen, aktiv werden, und so für einen Zusammenhalt sorgen, der beispielgebend ist. Deshalb haben sie allen Grund, dieses Jubiläum auch gebührend zu feiern.
Dasselbe gilt natürlich auch für dreißig Jahre Billeder Gedenkstein in Karlsruhe, der 1987 auf dem Karlsruher Hauptfriedhof zur Erinnerung an die Verstorbenen in ihrer alten und in der neuen Heimat, den Gefallenen des 2. Weltkrieges, den verstorbenen Zwangsarbeitern im fernen Rußland und auch an die über 500 im Baragan verstorbenen Menschen aus ihrer Gemeinde, geweiht wurde. Alljährlich erinnern sie sich an diesem Billeder Kreuz an die Zeit des Loslassens ihrer ehemaligen Heimat, an die Vertreibung bzw. an die Aussiedlung aus ihrem geliebten Billed. Ich freue mich für sie alle, dass es ihnen inzwischen wieder möglich ist, zumindest besuchsweise zurückzukehren, um die Entwicklung ihres geliebten Heimatortes auch aus der Nähe verfolgen zu können.
Ja, meine Damen und Herren, Sie wissen sicher auch, dass die Stadt Karlsruhe nach ihrem 300-jährigen Stadtjubiläum vor ebenfalls zwei Jahren, in diesem Jahr Gastgeber der Heimattage Baden-Württembergs ist, und sich enorm angestrengt hat, diesem Ruf gerecht zu werden.
Über 200 Programmpunkte, darunter viele Kulturveranstaltungen, Lesungen, Musik-Events, Filmvorführungen, natürlich auch das Gedenken an 200 Jahre Karl Draiss, den Erfinder des Fahrrades, und vieles anderes mehr, laden dazu ein, sich bewusst zu machen, was wir unter dem Begriff Heimat verstehen, was für uns Heimat ausmacht.
Es ist durchaus spannend zu erleben, wie sich die unterschiedlichen Institutionen, Gruppen und auch Einzelpersonen mit dem Heimatbegriff auseinandersetzen, welche Assoziationen die Menschen zu dem Begriff Heimat verbinden, wie wichtig ihnen ihre Heimat ist, und was sich für sie hinter dem Begriff Heimat versteckt.
Ihr Vorsitzender, Herr Gilde, hat dies im Billeder Heimatblatt vor über 10 Jahren mal so beschrieben – ich zitiere:
„Heimat, das ist Liebe und Hoffnung, ist Freude und Sehnsucht, ist Vertrautheit, ist Erinnerung und Verbundenheit, mit einem Fleckchen Erde, mit den Vorfahren, mit der Familie, dem Ort, in dem man geboren oder aufgewachsen ist. Ein Mensch kann überall, wo er sich geliebt und angenommen fühlt, Heimat finden. Er kann dort überall daheim sein, wo sein Herz hinschlägt und er Wurzeln schlagen kann.“
Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben hier bei uns Wurzeln geschlagen, Sie alle haben sich erneut eine Existenz geschaffen. Allein im Raum Karlsruhe leben ja über 500 Familien aus Billed, und auch hier in unserem aufstrebenden Ortsteil Neureut sind einige Familien aus ihrer Billeder Heimatortsgemeinschaft sesshaft geworden.
Sie alle hatten nie resigniert, sondern sich mit festem Willen ein neues Leben, eine neue Heimat aufgebaut. Sie alle packten mit an, sie alle bewiesen Zähigkeit und Einfallsreichtum, und dass wir heute da stehen, wo wir sind, daran hatten alle gleichermaßen Anteil.
Ich finde es deshalb auch geradezu beispielhaft, dass Ihre Billeder Heimatortsgemeinschaft, dass Sie, meine Damen und Herren, neben der schweren Zeit, die es zu überstehen galt, vor allem ihre Traditionen in bleibender Erinnerung halten, dass sie hier zusammenkommen, dass Sie ihre Gemeinsamkeit, ihre Gemeinschaft pflegen, und als wichtiges Signal, auch weitergeben.
In diesem Sinne wünsche ich Ihrer heutigen Veranstaltung einen weiterhin guten Verlauf, vergnügte Stunden, einen schönen Abend.
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